Rheinland-Pfalz Politischer Sprengstoff

Mainz. Die derzeit spannendste Debatte über eine Fusion in der Pfalz wird im Westen geführt. Seitens des Innenministeriums gibt es handfeste Überlegungen, die Verbandsgemeinde Bruchmühlbach-Miesau (Kreis Kaiserslautern) mit den Verbandsgemeinden Schönenberg-Kübelberg sowie Waldmohr (beide Kreis Kusel) zu verschmelzen. In der Pfalz wäre das die erste Fusion über Kreisgrenzen hinweg. Die Begeisterung für den Mainzer Vorschlag hält sich vor Ort in Grenzen. Weder die beiden Landräte wollen sich mit der Idee ernsthaft anfreunden, noch die Verantwortlichen in den drei Verbandsgemeinden. Um sich für die Diskussion zu wappnen, wurde im Kreis Kaiserslautern ein Gutachten in Auftrag gegeben. Es befasst sich mit den Auswirkungen einer kreisübergreifenden Fusion auf die Müllpreise. Stadt und Kreis Kaiserslautern betreiben gemeinsam die Zentrale Abfallwirtschaft Kaiserslautern, kurz ZAK, die sich um den Müll kümmert. Die ZAK hat sich von einer Berliner Anwaltskanzlei beraten lassen. Ein 13-seitiges Thesenpapier der Juristen, das der RHEINPFALZ vorliegt, hat folgende Kernaussage: Wenn Bruchmühlbach-Miesau wechselt, hat das Auswirkungen auf alle Bürger im Landkreis – und auch in der Stadt Kaiserslautern. Die Müllentsorgung wird teurer. Das liegt daran, dass zwar etwas weniger Müll entsorgt werden müsste, aber die Kosten nicht entsprechend sinken. Sie würden im Umlageverfahren auf die restlichen Bürger verteilt. Neben diesem Gutachten sorgt ein Papier für Gesprächsstoff, das der renommierte Verwaltungsrechtler Janbernd Oebbecke im Auftrag des Landkreises Vulkaneifel erstellt hat. Der Münsteraner Professor befasst sich darin mit der kreisübergreifenden Fusion der Verbandsgemeinden Obere Kyll (Kreis Vulkaneifel) und Prüm (Kreis Prüm) im Norden des Landes. Die dortigen Verhältnisse lassen sich nicht eins zu eins auf die Pfalz übertragen. Aber eine Kernaussage gilt auch hier. Der Professor kommt zu dem Schluss, dass kreisübergreifende Fusionen schlicht verfassungswidrig seien. Das Ministerium teilt diese Rechtsauffassung nicht und hält an den Fusionsplänen fest. Apropos verfassungswidrig. Dafür halten einige Kommunen auch die bisher gelaufene Fusion. Wie berichtet, haben mehrere Gemeinden vor dem Verfassungsgerichtshof Normenkontrollanträge eingereicht. Die Koblenzer Richter wollen sich in den nächsten Monaten mit der kommunalen Neugliederung befassen. Aus der CDU-Opposition im Landtag heißt es, die Regierung beharre vor allem auf der zweiten Stufe der Reform, um bei der Verhandlung vor dem Verfassungsgerichtshof keine schlechte Figur abzugeben. Es soll aussehen, als handele es sich um eine große und gut durchdachte Reform aus einem Guss. Dabei bestreitet auch in der rot-grünen Regierungskoalition kaum jemand den Bedarf einer landesweiten Kreisreform. Aber nicht nur bei den Kreisen und den Verbandsgemeinden sieht die Landespolitik Handlungsbedarf. Es könnte auch den kreisfreien Städten an den Kragen gehen, alleine in der Pfalz gibt es acht, mit teilweise deutlich weniger als 50.000 Einwohnern. Zweibrücken ist mit rund 34.000 Einwohnern Grünen-Fraktionschef Daniel Köbler zufolge die „kleinste kreisfreie Stadt der Welt. Im Norden von Rheinland-Pfalz sieht es anders aus. Dort sind selbst Städte wie Neuwied (knapp 64.000 Einwohner) in einen Kreis eingegliedert. Ähnliches ist in der Pfalz auch denkbar. Ausnahmen sind Kaiserslautern und Ludwigshafen, die deutlich mehr Einwohner haben als die anderen Städte. Die kreisfreien Kommunen in die Landkreise zu integrieren ist nur ein Gedanke. Bei der nächsten Stufe der Kommunalreform werden im Groben zwei Ansätze diskutiert. Bei einer kleinen Variante würden hier und da ein paar Verbandsgemeinden von einem Kreis in einen anderen verschoben. Deutlich mehr politischen Zündstoff birgt jedoch die große Lösung, die – zumindest hinter vorgehaltener Hand – niemand mehr ausschließen will. Sollte es dazu kommen, wird die Anzahl der Kreise im Land drastisch reduziert und die meisten Städte eingegliedert. Eine Orientierungsgröße wären etwa die Einwohner. Rund 300.000 halten einige Politiker in Mainz für angemessen. Zum Vergleich: Im Kreis Kusel leben derzeit etwa 71.000, im Kreis Germersheim 125.000 Menschen. Zurück in die Westpfalz. Dort würde sich eine große Lösung bezüglich der Verschmelzung von Landkreisen schon aus einem praktischen Grund aufdrängen. 2017 enden die Amtszeiten der Landräte von Kusel, der Südwestpfalz, Kaiserslautern und dem Donnersbergkreis. Die vier Kommunalpolitiker haben die Altersgrenze erreicht und dürfen nicht mehr kandidieren. Während im Fall der Südwestpfalz über eine Zusammenarbeit mit den kreisfreien Städten Pirmasens und Zweibrücken nachgedacht wird, sieht es bei den restlichen drei Kreisen anders aus. Dort gibt es durchaus Gedankenspiele an deren Ende nur noch ein oder maximal zwei Landkreise stehen. In der Westpfalz wirken sich diese Überlegungen bereits auf die Kommunalpolitik aus. In Bruchmühlbach-Miesau steht im Juni die Neuwahl des Verbandsbürgermeisters an. Er wird auf acht Jahre gewählt. Der Amtsinhaber darf nicht mehr antreten. Die SPD hat bereits eine Kandidatin benannt. Sie kommt aus Waldmohr. Die Parteistrategen hofften mit dieser Personalie auf Stimmen aus der anderen Verbandsgemeinde, die ebenfalls sozialdemokratisch geprägt ist – im Gegensatz zur eher konservativ geprägten Verbandsgemeinde Schönenberg-Kübelberg. Allerdings könnte der Schuss nach hinten losgehen. Momentan sieht es nämlich nicht so aus, als ob die Wahl des neuen Verbandsbürgermeisters schon vor der Fusion über die Bühne geht. Aus Mainz heißt es, dass die Gesetzentwürfe über die Gebietsänderungen der Verbandsgemeinden Bruchmühlbach-Miesau und Waldmohr bis zur Landtagswahl 2016 vorgelegt werden sollen. Der Zeitpunkt der Gebietsänderung sei aber noch offen.

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