Rheinland-Pfalz Natur pur – die Mariannenaue

ELTVILLE. Sie ist die größte Insel im Rhein, gehört zum Park von Schloss Reinhartshausen. Schon Franken-Kaiser Karl der Große schätzte das besondere Klima und den Erholungswert der Mariannenaue. Heute ist das Eiland im Herzen des Rheingaus ein ökologisch einzigartiges Kleinod des europäischen Naturschutzreservats der Rheinauen – und dazu seit neustem quasi ein Außenposten der Südpfalz.

Die Insel liegt im Flussabschnitt zwischen Mainz und Bingen. Die 4,5 Kilometer lange Oase faszinierender Ursprünglichkeit mit einer Gesamtfläche von 85 Hektar steht schon lange unter Naturschutz. Bietet sie doch vor allem Vögeln, die sich von Fischen ernähren, einen idealen Rückzugsort. Vom Eisvogel bis zum Fischadler, vom Kormoran bis zum Schwarzmilan, gefiederte Gesellen fühlen sich wohl auf der Mariannenaue. Ihren Namen verdankt sie Marianne von Preußen, der Tochter von König Wilhelm der Niederlande. Sie erwarb 1855 dieses stattliche Anwesen, das sich heute ein Fünf-Sterne-Hotel und das traditionsreiche Weingut gleichen Namens teilen. Übrigens: Schloss Reinhartshausen, das in dieser so unverfälschten Landschaft rund 23 Hektar Rebfläche bewirtschaftet, ist seit dem vergangenen Jahr im Besitz der südpfälzischen Winzerfamilie Lergenmüller. Ihren Stammsitz hat sie in Hainfeld. Seit dem Rheingauer Zukauf gelten die Lergenmüllers mit insgesamt mehr als 200 Hektar Rebfläche als größtes Privatgut der Bundesrepublik. Zurück zur Mariannenaue, umsäumt von bis zu 400 Jahre alten Bäumen, die fast einem knorrigen Schutzschild ähneln. Die Insel besteht aus zwei Teilen, die ursprünglich durch einen Rheinarm getrennt waren. Beide entstanden vor rund 10.000 Jahren aus angeschwemmtem Kalkgestein, das der Rhein aus den Alpen mitbrachte. Bis Mitte des vergangenen Jahrhunderts wurde sie als Bauernhof mit Viehhaltung, fruchtbaren Weiden und Äckern genutzt, die damals wie heute noch bei Hochwasser überflutet werden. Heute ist die Mariannenaue sicher der ungewöhnlichste Weinberg im Rheingau. Chardonnay, Sauvignon blanc, Weißburgunder und Riesling gedeihen dort besonders gut. Was immer für den Betrieb der Weinbergsflächen gebraucht wird, ob Mann oder Material, wird per Schiff von der eigenen Anliegestelle von Schloss Reinhartshausen hinüber auf die Insel gebracht. Über das Hotel oder das Weingut, die Anlage entstand auf dem Grundstück eines ehemaligen Rittersitzes, lassen sich vor allem in den Sommermonaten für Gruppen Weinproben oder auch die eine oder andere geführte Wanderung buchen. Unweit der in die Jahre gekommenen Gutshäuser bieten die Hausherren Jürgen und Stefan Lergenmüller in einem Unterstand nicht nur Proben der speziellen Inselweine an, die weltweit vermarktet werden. Auch auf großen Schautafeln erfährt der Besucher Wissenswertes über dieses einmalige Biotop im Rhein. Die Gäste setzen mit dem ehemaligen Lotsenboot, der Personenfähre „Preußens Gloria“ über. „Die Inselweine schmecken so richtig nach Natur“, erzählt Winzer Jürgen Lergenmüller beim Rundgang. Inzwischen hat der passionierte Jäger fast jede Ecke der Mariannenaue erkundet und genießt, wann immer es die Zeit zulässt, von einem der Hochsitze die paradiesischen Verhältnisse auf der Insel, auf der sich auch Wildschweine und Rehe heimisch fühlen. Die Besuche auf der Insel hat die Naturschutzverordnung klar geregelt: Zwischen Mai und September sind Überfahrten deshalb auch begrenzt. Im Herbst freilich ist der „Schiffsverkehr“ zwischen Reinhartshausen und der Mariannenaue dicht. Werden doch die Trauben übers Wasser vom Extra-Anleger auf der Insel zum Weingut auf der anderen Seite gebracht. Dort werden die Weine in den historischen Kellern des Schlosses ausgebaut. Die meisten reifen in Holzfässern, die inzwischen schon 200 Jahre dem „flüssigen Gold“ von Schloss Reinhartshausen zu seinem besonderen Geschmack verhelfen. Werden doch seit Jahrhunderten dort schon Reben kultiviert. Doch erst unter der wirtschaftskundigen Leitung von Marianne von Preußen, so berichten es die Geschichtsschreiber, hat das Gut einen blühenden Aufschwung genommen. Marianne sagt man nach, recht unkonventionell und fortschrittlich gewesen zu sein. Sie scheute keine Mühe, Reinhartshausen zu einem kulturellen Anziehungspunkt am Rhein werden zu lassen. Besaß sie doch eine Kunstsammlung mit über 600 Gemälden, die in einem eigens gebauten Museum präsentiert wurde. Es sind heute die Festsäle des Hotels, die Gesellschaften zu besonderen Anlässen mit Leben füllen. Auch ist überliefert, dass Marianne nicht nur gerne Gäste bewirtete, sondern jungen Künstlern Raum bot, sich zu entfalten. Fast 200 Gemälde verleihen noch heute dem Hoteltrakt von Schloss Reinhartshausen dieses besondere Gepräge einer vergangenen Zeit. 1902, da war die Prinzessin bereits 20 Jahre tot, wurde die Insel im Rhein, die zuvor Westfälische Aue hieß, auf den Namen Mariannenaue getauft.

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