Rheinland-Pfalz Kandel erwartet 2500 Demonstranten

Während die Kandeler still um das niedergestochene 15-ährige Mädchen trauerten, nutzen rechte Gruppierungen die Bluttat für ihre
Während die Kandeler still um das niedergestochene 15-ährige Mädchen trauerten, nutzen rechte Gruppierungen die Bluttat für ihre politischen Zwecke.

«KANDEL.»Im Vorfeld der drei Demonstrationen in Kandel geht es in den sozialen Netzwerken rund: Die Facebook-Seite des Kandeler Bündnisses „Wir-sind-Kandel“ war seit Mittwochabend vorübergehend offline. Dafür gibt es zwei weitere Seiten unter gleichem Namen. Eine davon ist offen gegen das Bündnis gerichtet. Bei den für den morgigen Samstag angekündigten Demonstrationen werden voraussichtlich mehr Teilnehmer auf die Straße gehen, als zunächst erwartet wurden.

„Wir-sind-Kandel“ nennt sich ein Bündnis von Kandeler Privatpersonen, Vereinen sowie der Kirchengemeinden. Sie rufen zum „zivilen Widerstand“ gegen die für Samstag angekündigten Demonstrationen von AfD und dem Baden-Württemberger Marco Kurz auf, der bereits bei den vorherigen Kundgebungen mitmischte. Dazu gab es eine Seite im sozialen Netzwerk Facebook (wir berichteten gestern). Doch seit Mittwochabend gibt es neue Entwicklungen: Die Seite des Bündnisses war bis gestern Nachmittag vorübergehend vom Netz. Dafür firmieren zwei weitere Seiten unter dessen Namen.

VG will gegen Wappennutzung vorgehen

„WIR sind Kandel“ heißt eine Facebook-Seite, die mit einem Foto von der Demonstration des „Frauenbündnisses“ vom 28. Januar in Kandel bebildert ist. Im Text ahmt der Urheber die Formulierungen des Kandeler Bürger-Bündnisses nach, um dann dessen Kritik ins Gegenteil zu verkehren: Man habe sich zusammengefunden, „um der Flut linker Netzwerke, die aktuell Kandel mit ihren Blockaden überziehen, entgegenzuwirken“. Dazu gibt es ein Video von einer Demonstration vor der Kandeler Verwaltung. Der Anmelder der Seite hat sich als Profilbild das Wappen der Stadt Kandel gegeben. Dagegen werde man vorgehen, kündigte die Verbandsgemeinde gestern an. Ebenfalls „WIR sind Kandel“, mit dem Zusatz „demokratisch weltoffen menschlich“ heißt eine Seite, die „gegen Rechtsextremismus und Unruhestifter“ angemeldet wurde. Am Nachmittag tauchte dann die „Wir-sind-Kandel“-Seite des Bürger-Bündnisses wieder auf: „Unser Profil war kurzfristig offline, da es kopiert und gegen uns verwendet wurde.“

Stadtrat erklärt Solidarität mit Poß

Nach der Ermordung einer 15-Jährigen durch ihren Ex-Freund, einen afghanischen Flüchtling, wird von Demonstranten der Rücktritt der Bürgermeister gefordert. Nun zeigen die Kandeler Gremien Flagge: Die im Verbandsgemeinderat vertretenen Parteien hatten Ende Februar eine Solidaritätserklärung für Verbandsbürgermeister Volker Poß (SPD) abgegeben. In der Sitzung am Dienstag zog der Stadtrat nach: Dort erklärten alle Fraktionen ihre Solidarität mit Poß. „Diese Solidarität gilt in gleichem Umfang für den Bürgermeister der Stadt Kandel, Günther Tielebörger“, hieß es in der Resolution. Ebenfalls in der Stadtratssitzung wurde Kritik an der Kreisverwaltung Germersheim geäußert, weil sie die Demonstrationen in Kandel nicht untersagt hat. Nach Einschätzung der Polizei werden morgen mehr Menschen demonstrieren, als von den Anmeldern der Kundgebungen erwartet. Die baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Christina Baum („Kandel ist überall“) rechnete laut Kreisverwaltung mit 1000 Teilnehmern, mittlerweile geht die Polizei von 2000 aus. Bei der „Kurfürstlichen Antifa“ erwartet die Polizei 500 statt 100 Teilnehmer. Zudem gibt es eine kleinere Demo des Leiters der Demonstration von Ende Januar. Das Kandeler Bündnis „Wir sind Kandel“ hat gestern auch eine Aktion bei der Kreisverwaltung angemeldet.

Polizei bereitet sich vor

Unterdessen wirbt die rechte Band „Kategorie C“ bei ihren Fans dafür, am Samstag in Kandel „Gesicht zu zeigen“. Für den Abend lädt sie zu einem Konzert an einem geheim gehaltenen Ort. „Kategorie C“ ist laut Bundesamt für Verfassungsschutz „im Hooligan-Spektrum, aber auch in der rechtsextremistischen Szene beliebt“. Das Polizeipräsidium Rheinpfalz informierte gestern, man bereite sich auf einen Einsatz von „Polizeikräften im mittleren dreistelligen Bereich“ vor.

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