Rheinland-Pfalz Ein etwas anderer Franzose

Landau-MÖRZHEIM. Mit Larissa Kiefer und Félix Girault leisten momentan gleich zwei junge Leute ihren Freiwilligendienst beim Naturschutzbund (Nabu) Landau-Stadt. Dass ein Franzose gleich nach dem Abitur ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Nachbarland macht, hat Seltenheitswert. Girault hat seine Entscheidung bislang nicht bereut. Er genießt die abwechslungsreiche Arbeit in der Südpfalz.

Neugierig blickt der Fuchs in die Kamera. Die Begegnung mit dem Tier frühmorgens bei Raureif auf den Wiesen bei Landau-Mörzheim gehört zu den schönsten Naturerlebnissen, die Félix Girault bisher in der Pfalz hatte. Bis auf fünf Meter näherte sich der Fuchs, bevor er pfeilschnell in der Wildnis verschwand. Ein magischer Moment, findet der 18-jährige Franzose, der aus Chartres kommt und ein Jahr lang freiwillig für den Naturschutzbund Landau-Stadt arbeitet. Er wohnt unterm Dach des Nabu-Hirtenhauses und kümmert sich für das Naturschutzzentrum um die Apfelernte, Biotop-Pflege und vieles mehr. Noch gibt es nicht allzu viele junge Franzosen, die sich direkt nach dem Abitur in den Freiwilligendienst begeben. Wer sich in Frankreich nicht sofort nach dem Schulabschluss ins Berufsleben stürzt oder ein Studium beginnt, gilt als arbeitsscheu. „Ein bisschen faul“, wie Félix schmunzelnd sagt. Ihn stört dieses Vorurteil nicht, da er tatsächlich ein wenig Zeit gewinnen wollte und gezielt nach einem deutsch-französischen Austauschprogramm gesucht hat. Der Freiwilligendienst kam ihm da gerade recht, auch wenn die körperliche Arbeit draußen auf den Streuobstwiesen oft anstrengend ist. Noch weiß er nicht genau, was er studieren möchte. Es sollte aber etwas mit Naturschutz zu tun haben. Fest steht bislang nur, dass sich der künftige Studienort in Deutschland befinden wird – am liebsten in Berlin. Alles andere ist noch offen. „Von der Sprache her war ich einfach noch nicht so weit“, sagt Félix, der nun fließend Deutsch spricht und nur selten nach einem Wort suchen muss. Zwei Monate in Berlin haben ihm vor vier Jahren Lust gemacht, seine Sprachkenntnisse zu vertiefen, um Land und Leute besser kennenzulernen. Félix ist in Frankreich aufgewachsen, seine Mutter kommt aber aus Stuttgart. „Anfangs hat sie Deutsch mit mir gesprochen“, erzählt er. „Aber dann hat sie es leider vernachlässigt.“ Vertraut mit der Sprache ist er dennoch, da er seine Großeltern regelmäßig sieht. In das Mörzheimer Hirtenhaus hat sich Félix sofort verliebt. „Mon petit coin“, mein kleiner Winkel in Deutschland, so nennt er die Gegend liebevoll. „Ich hatte mich auf drei Stellen beworben“, sagt er. „Aber diese beim Nabu fand ich sofort super.“ Der erste Eindruck habe nicht getäuscht. „Ich kann hier so viel selbstständig tun: Neben der Büroarbeit gibt es jede Menge Praxis auf den Streuobstwiesen. Wir machen Umweltbildung mit Kindern, keltern Apfelsaft und organisieren Veranstaltungen. Die Abwechslung an der frischen Luft, das brauche ich.“ Am besten gefällt Félix die Arbeit mit Kindern. Mit Grundschülern der Landauer Montessorischule kümmert er sich um den praktischen Umweltschutz. Momentan entsteht eine Mauer, die Eidechsen Unterschlupf bieten soll: „Das macht Spaß.“ Interessant sei aber auch die Flächenpflege. Der Nabu betreut mehrere Biotope in der Südpfalz. Anfangs kannte Félix neben seinen Berliner Freunden fast nur Franzosen, die ebenfalls ein FÖJ in Deutschland machen. Er traf sie bei interkulturellen Seminaren und anderen Aktivitäten. Inzwischen hat er seinen Radius in der Region ausgedehnt. Besonders gut gefällt es ihm im Landauer Café Asyl, wo sich Menschen aus allen Kulturen treffen, um Asylbewerbern zu helfen. Solche Projekte findet er wichtig und sehr spannend. Essenstechnisch unterscheidet sich Félix von den meisten seiner Landsleute: Er isst fast kein Fleisch, was in Frankreich schon ungewöhnlich genug ist. „Dass es hier aber Veganer gibt, die überhaupt keine tierischen Produkte essen, können die Franzosen überhaupt nicht begreifen“, sagt er. Schon der Verzicht auf Käse sei in seinem Heimatland undenkbar. In die Pfanne von Félix kommt allenfalls Fleisch von Tieren, die auf dem Bauernhof ein angenehmes Leben hatten. Massentierhaltung lehnt er ab. Daher ist er vor kurzem auch nach Berlin gefahren, um sich an der Demonstration „Wir haben’s satt“ zu beteiligen. „Was Umwelt- und Naturschutz angeht, ist Deutschland einfach weiter als Frankreich“, sagt er. Beim deutschen Essen probiert er alles, ist aber vor allem an vegetarischen Rezepten interessiert. Nur mit dem Schwarzbrot hadert er: „Mit Körnern schmeckt es mir ja noch ganz gut. Aber das andere finde ich einfach komisch – es ist irgendwie bitter…“

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