Politik „Wir gehen auf dem Zahnfleisch“

Die Justizminister der Länder wurden gestern zur ihren zweitägigen Frühjahrskonferenz in Deidesheim von Demonstranten empfangen. Berufsbetreuer fordern höhere Stundensätze.

Etwa 17.000 Personen bundesweit arbeiten als hauptamtliche Betreuer und vertreten in bestimmten Aufgabenbereichen wie Vermögensfragen oder Gesundheitsfürsorge Menschen, die sich nicht mehr selbst um ihre Angelegenheiten kümmern können. Sie werden von Gerichten eingesetzt. Kürzlich hat der Bundestag ein Gesetz verabschiedet, mit dem die Vergütung für gesetzliche Betreuung um 15 Prozent erhöht wurde. Nicht bedacht haben die Parlamentarier offenbar, dass der Bundesrat dem Gesetz ebenfalls zustimmen muss, schließlich zahlen die Länder die Zeche. Und alle 16 sind gegen diese Erhöhung. Die selbstständig tätigen gesetzlichen Betreuer argumentieren, dass sie seit 2005 den unveränderten pauschalen Stundensatz von maximal 44 Euro erhalten. Durchschnittlich könnten bei dem Einsatz für die rechtlichen Belange eines benachteiligten, kranken oder behinderten Menschen 3,2 Stunden pro Klient und Monat abgerechnet werden. „Damit gehen wir finanziell auf dem Zahnfleisch“, sagt Rolf Ruppel, Betreuer aus Ludwigshafen. Die Arbeit könne man auf Dauer nicht mehr auskömmlich machen, Nachwuchs bleibe aus, letztlich stehe damit das gesamte System auf der Kippe. „Wir vertreten die Schwächsten der Schwachen und werden dafür schlecht bezahlt“, sagt seine Wormser Kollegin Heike Rieck. Über 100 Betreuer sind daher gestern zu einer kleinen Kundgebung nach Deidesheim gekommen. Vor dem Hotel Kaisergarten übergaben sie dem rheinland-pfälzischen Justizminister Herbert Mertin (FDP), der derzeit den Vorsitz der Justizministerkonferenz innehat, ein Papier mit ihrer Forderung. Mertin indes lehnt den angedachten Zuschlag ab. Er verweist im Gespräch mit der RHEINPFALZ darauf, dass durch den Wegfall der Umsatzsteuerpflicht für Betreuer vor vier Jahren faktisch die Vergütung bereits um 16 Prozent gestiegen sei. Man sei auch durchaus bereit, über das Thema zu reden. Erforderlich sei jedoch, den genauen Betreuungsaufwand festzustellen, um eine vernünftige Diskussionsgrundlage zu haben. „Die Länder sind aus rein fachlichen Gründen gegen diese vom Bundestag beschlossenen 15 Prozent“, betont Mertin. Er verhehlt aber auch nicht, dass das Vorpreschen des Parlaments nicht sonderlich gut ankam. Die Verbandsvertreter jedenfalls sind von ihrer Kundgebung in Deidesheim ernüchtert zurückgekehrt. „Unsere Hoffnung, dass sich die Justizminister noch bewegen, ist geschwunden“, sagt Rolf Ruppel.

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