Politik Politik verurteilt Hetzjagden in Chemnitz

Mehrere tausend Menschen beteiligten sich gestern Abend an Protestmärschen.
Mehrere tausend Menschen beteiligten sich gestern Abend an Protestmärschen.

«Chemnitz.» Mehrere tausend Menschen beteiligten sich gestern Abend an Protestmärschen rechter und linker Gruppen. Allein bei der von Rechten getragenen Kundgebung waren es nach Schätzungen weit mehr als 2000 Teilnehmer. Zu einer Gegendemonstration hatten sich 1000 Menschen zusammengefunden. Die Polizei versuchte mit einem Großaufgebot von Beamten und Fahrzeugen beide Lager zu trennen. Die Stimmung war angespannt. Feuerwerkskörper und andere Gegenstände wurden laut Polizei geworfen, es gab Verletzte. In Chemnitz war am Wochenende bei einer gewalttätigen Auseinandersetzung zwischen Besuchern des Stadtfestes ein 35 Jahre alter Deutscher niedergestochen worden und später gestorben. Danach marschierten am Sonntag Anhänger rechter Gruppierungen auf. „In Deutschland ist kein Platz für Selbstjustiz, für Gruppen, die auf den Straßen Hass verbreiten wollen, für Intoleranz und für Extremismus“, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert gestern in Berlin. „Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder der Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin“, betonte Seibert. Der sächsische Regierungschef Michael Kretschmer (CDU) verurteilte Hetze und Selbstjustiz. „Es ist widerlich, wie Rechtsextreme im Netz Stimmung machen und zur Gewalt aufrufen. Wir lassen nicht zu, dass das Bild unseres Landes durch Chaoten beschädigt wird“, sagte er. Innenminister Roland Wöller (CDU) sprach von einer „neuen Dimension der Eskalation“. Er mahnte, die Ermittlungen der Polizei zum gewaltsamen Tod des 35-Jährigen abzuwarten: „Wir haben Spekulationen, wir haben Falschmeldungen und regelrechte Lügen im Netz.“ Auch das sei nicht akzeptabel. Ein Haftrichter erließ gestern Haftbefehle gegen einen 23-jährigen Syrer und einen 22 Jahre alten Iraker wegen gemeinschaftlichen Totschlags. Sie sollen nach dem Streit ohne erkennbaren Grund auf das Opfer eingestochen haben. Der sächsische Generalstaatsanwalt Hans Strobl zog die Ermittlungen an sich und beauftragte die Sondereinheit „Zentralstelle Extremismus Sachsen“. „Wir wollen die Ermittlungen beschleunigt führen, damit die mutmaßlichen Täter schnellstmöglich vor Gericht gestellt werden können“, sagte Strobl. Auch die AfD distanzierte sich von der Gewalt. Sie hatte am Sonntag ebenfalls eine Demonstration in Chemnitz veranstaltet. Diese habe „nichts, aber auch gar nichts, mit den anschließend stattgefundenen Jagdszenen in der Stadt zu tun“ gehabt, erklärte der sächsische Parteichef Jörg Urban. seite 3

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