Politik Nach Einigung streiten Union und SPD weiter

«Berlin.» Politiker von CDU und CSU bestritten gestern, dass mit der Einigung der in den Sondierungen festgelegte Rahmen beim Flüchtlingsnachzug überschritten werde. Dieser sieht vor, dass pro Monat bis zu 1000 Angehörige von Flüchtlingen mit eingeschränktem Schutzstatus nach Deutschland kommen können. „Neue Härtefallregelungen, die ein Mehr an Zuwanderung bedeutet hätten, gibt es nicht“, betonte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. Der Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Volker Kauder, sagte, mit der Vereinbarung habe sich „das zwischen CDU und CSU formulierte Regelwerk zur Migration durchgesetzt, und wir sind deshalb mit dieser Lösung zufrieden“. Der SPD-Vorsitzende Martin Schulz sagte hingegen: „Die SPD hat über die im Sondierungsergebnis hinaus vereinbarten 1000 Angehörigen pro Monat eine deutlich weitergehende Härtefallregelung – wie vom SPD-Bundesparteitag gefordert – durchgesetzt.“ Eine Härtefallregelung gibt es heute schon. Sie ist aber mit hohen Hürden verbunden, nur wenige Menschen profitieren davon. Der Familiennachzug ist eines von drei Themen, bei denen die SPD in den laufenden Koalitionsverhandlungen weitere Zugeständnisse erreichen will. Dazu gehören auch die Abschaffung der sachgrundlosen Befristung von Beschäftigungsverhältnissen und der Einstieg in die Abschaffung der „Zwei-Klassen-Medizin“. Scharfe Kritik an der Einigung äußerte der Juso-Vorsitzende Kevin Kühnert. „Die SPD geht beim Familiennachzug in Vorleistung und bekommt von der Union dafür ungedeckte Schecks“, sagte Kühnert dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Der Juso-Chef gehört zu den schärfsten Kritikern einer Neuauflage der großen Koalition. Mit der gestrigen Vereinbarung schufen CDU/CSU und SPD die Voraussetzung dafür, dass der Bundestag morgen mit den Stimmen beider Fraktionen die Aussetzung des Familiennachzuges befristet bis zum 31. Juli verlängern kann. Die Einschränkung gilt allerdings nur für Flüchtlinge, denen zunächst ein einjähriges Bleiberecht in Deutschland zugesprochen worden war. Anerkannte Flüchtlinge sind von der Einschränkung nicht betroffen. Hilfsorganisationen übten heftige Kritik an dem Kompromiss. Das Kinderhilfswerk bezeichnete die Vereinbarung als „menschenrechtliche Katastrophe“. „Terre des Hommes“ erklärte, die Begrenzung des Familiennachzugs widerspreche dem Grundgesetz und den Bestimmungen der UN-Kinderrechtskonvention. Kommentar Seite 2

x