Lockerungsdebatte Bund und Länder streiten weiter über Corona-Eindämmung

Neben Thüringen – hier Ministerpräsident Ramelow – will auch Sachsen einen „Paradigmenwechsel“ bei den Kontaktregeln.
Neben Thüringen – hier Ministerpräsident Ramelow – will auch Sachsen einen »Paradigmenwechsel« bei den Kontaktregeln.

Die Bundesregierung will auch weiterhin verbindliche Vorgaben, um die Corona-Pandemie in Schach zu halten. Das Bundeskanzleramt will die Corona-Kontaktbeschränkungen grundsätzlich bis zum 29. Juni oder gar zum 5. Juli verlängern, dabei aber auch weitere Lockerungen ermöglichen.

Das geht aus einer Beschlussvorlage von Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) für Beratungen mit den Staatskanzleien der Länder am Montag hervor. Die bislang zwischen Bund und Ländern vereinbarten Beschränkungen gelten noch bis zum 5. Juni. Das Kanzleramt ging in seiner Beschlussvorlage auf Distanz zu raschen Lockerungen. Minister Braun schlug den Ländern darin vor, auch nach dem 5. Juni „weiter grundsätzlich einen Mindestabstand von eineinhalb Metern einzuhalten“. Zudem solle die „Maskenpflicht in bestimmten öffentlichen Bereichen“ beibehalten werden. Bei privaten Zusammenkünften zu Hause in geschlossenen Räumen und beim Aufenthalt im öffentlichen Raum sollen sich künftig aber bis zu zehn Menschen oder die Angehörigen zweier Hausstände treffen dürfen.

Kanzleramtschef Braun und die Chefs der Staatskanzleien der Länder konnten sich am Montagabend aber nicht auf Brauns Vorschläge oder eine andere gemeinsame Linie einigen. Die Ländervertreter sollen sich nun an diesem Dienstag mit den jeweiligen Regierungen besprechen, wie es weitergehen soll.

Ramelow will doch Masken

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) war mit seinem Vorstoß, künftig auf Auflagen verzichten zu wollen, auf Kritik gestoßen. In Interviews stellte der Ministerpräsident am Montag klar, dass es auch in Thüringen bei einer Maskenpflicht im öffentlichen Nahverkehr und in Geschäften bleiben soll. Am Dienstag will das Landeskabinett beraten, die Koalitionspartner SPD und Grüne gingen im Vorfeld allerdings auf Distanz.

Auch Sachsen, wo bereits sehr weitreichende Lockerungen gelten, strebt einen Strategiewechsel bei den Corona-Beschränkungen an. Landessozialministerin Petra Köpping (SPD) kündigte in der „Leipziger Volkszeitung“ einen Wegfall der generellen Beschränkungen und einen „Paradigmenwechsel“ an.

Schäuble verteidigt Ramelow

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) will laut ihrem Sprecher Steffen Seibert dagegen weiterhin „verbindliche Anordnungen“ und nicht nur Empfehlungen. Es gehe darum, die Fortschritte nicht zu gefährden. Die jüngsten Ausbrüche in Hessen und Niedersachsen hätten gezeigt, „was passiert, wenn Grundregeln außer Acht gelassen werden“, sagte Seibert. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) kritisierte die Thüringer Pläne. „Es darf in keinem Fall der Eindruck entstehen, die Pandemie wäre schon vorbei“, sagte er der „Bild“-Zeitung.

Auch Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) sprach sich für eine Beibehaltung der Kontaktbeschränkungen aus. Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) indes äußerte Verständnis für das Vorpreschen von Ramelow: „Wenn man weiter vorsichtig ist und notfalls auch diese Lockerungsmaßnahmen wieder zurücknimmt, dann ist das Risiko nicht unvertretbar“.

Kritik aus Mainz

Die regierungstragenden Ampel-Fraktionen in Rheinland-Pfalz haben einhellig das Vorgehen Ramelows kritisiert. Es sei für ihn unverständlich, dass Ramelow Abstandsregeln auf lokaler Ebene regeln wolle, sagte Grünen-Fraktionschef Bernhard Braun am Montag in Mainz. Ihm bereite das „große Sorge“. Ähnlich äußerte sich in Mainz auch die FDP-Fraktionsvorsitzende Cornelia Willius-Senzer. „Ich halte es für gefährlich, was er macht“, sagte sie mit Blick auf Ramelow.

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