Rheinland-Pfalz Trümmerlandschaft am Rhein

An den Rohrbögen (rechts) wurde gearbeitet, als es zur Katastrophe kam. Eine Ethylen-Pipeline wurde durch gewaltige Kräfte verfo

Knapp sechs Wochen nach dem Explosionsunglück im Ludwigshafener BASF-Hafen haben die Reparaturarbeiten begonnen. Die Staatsanwaltschaft hat Teile von Rohrleitungen abtransportiert und die Unfallstelle freigegeben. Die Schäden sind immens. Nach Schätzung des Chemiekonzerns wird es noch Monate dauern, bis der Hafen wieder vollständig funktioniert. Ein Ortstermin.

Ludwigshafen

. Ein kalter Ostwind fegt durch den Nordhafen der BASF. Es riecht nach Chemie und Ruß. Die Spuren des Explosionsunglücks sind überall zu sehen. Auf dem angrenzenden Mitarbeiterparkplatz des Kombiverkehrsterminals stehen 18 ausgeglühte Autowracks ordentlich in Reih und Glied – so wie sie von ihren Besitzern am Morgen des 17. Oktober abgestellt worden waren. Zwischen dem Parkplatz und dem Hafenbecken liegt ein Rohrgraben. Dies ist der eigentliche Unglücksort. Insgesamt 53 Rohrleitungen verbinden den Nordhafen mit dem Stammwerk in Ludwigshafen. Durch die Pipelines läuft die Rohstoffversorgung der Produktionsbetriebe auf dem Werksgelände. „Im Nordhafen werden die entzündlichen Rohstoffe der BASF umgeschlagen“, sagt Wolfgang Egel-Hess. Der 57-Jährige ist seit zehn Jahren Betriebsleiter des Hafens und des Tanklagers der BASF. Er zeigt das Zentrum der Katastrophe, die vier Menschenleben kostete. Ein etwa hundert Meter langes verrußtes Leitungsrohr aus Stahl liegt verdreht wie eine gigantische Lakritzstange quer über dem Rohrgraben. Die Kräfte, die das Stahlrohr verformt haben, müssen gewaltig gewesen sein. Die Eythlen-Pipeline ist aus ihrer Verankerung im Boden gerissen und zur Seite geschleudert worden. Die Chemikalie entzündete sich. Eine Feuerwalze raste in Richtung Hafenbecken, wo gerade die Werkfeuerwehr Wasserwerfer zur Kühlung der Leitungen aufbaute. „Mehrere Wehrmänner und der Matrose eines Tankschiffes wurden durch die Wucht der Explosion ins Hafenbecken geworfen“, berichtet BASF-Werkfeuerwehrchef Rolf Haselhorst. Drei seiner Feuerwehrmänner und der Matrose kamen ums Leben. Knapp 30 Menschen wurden verletzt, einige davon schwer. Noch immer liegen vier Verunglückte mit schweren Verbrennungen in einer Klinik. Nach den bisherigen Ermittlungen der Staatsanwaltschaft hat ein Mitarbeiter einer Fremdfirma mit einer „Flex“ (Winkelschleifer) statt ein geleertes Rohr versehentlich eine danebenliegende mit Raffinat gefüllte Leitung angeschnitten. Wie das passieren konnte – trotz Markierung der Rohre, trotz Einweisung vor Ort, trotz eines externen Brandsicherungspostens – wird noch ermittelt. Der Arbeiter hat bisher keine Aussage gemacht. Fest steht: Es kam zu einem Brand, dann zu einer Explosion und Folgebränden. Zuerst trat Raffinat aus der angesägten Leitung aus, dann brannte es und die benachbarten Etyhlen- und Propylen-Pipelines fingen Feuer. Die Staatsanwaltschaft hat mittlerweile Teile der Leitungen herausgesägt und auf ein Gelände der Bereitschaftspolizei nach Enkenbach-Alsenborn (Kreis Kaiserslautern) abtransportieren lassen, wo sie von Technikexperten untersucht werden. Reste von Trassierbändern mit der Aufschrift „Polizeiabsperrung“ liegen noch überall herum. Im Hafen müssen nun die 38 Leitungen auf einer Länge von etwa 400 Metern erneuert werden, die im Unglücksabschnitt des Rohrgrabens liegen. Seit Mittwoch ist der Unfallort von der Staatsanwaltschaft freigegeben. Im Hafen laufen nun die Vorbereitungen für die Reparatur der Rohranlagen und einer Verladestation. Technik- und Sicherheitsexperten arbeiten noch immer zusammen mit den Behörden an der Sicherung und Entleerung einiger Rohrleitungen. „Es wird sicher einige Monate dauern, bis die Reparaturen und der Wiederaufbau abgeschlossen sind“, sagt Betriebsleiter Egel-Hess. Eine Verladestation mit 15 Rohrleitungen wurde bei dem Unglück nicht beschädigt und ist seit Donnerstag wieder in Betrieb. Nur etwa ein Siebtel der Anlagen, mit denen normalerweise drei Millionen Tonnen Gefahrstoffgüter pro Jahr umgeschlagen werden, funktioniert. Doch von Normalität ist auf dem Gelände nichts zu spüren. Überall verteilt stehen kleine Messstationen und kontrollieren die Luft. Das Areal wird neu vermessen. Die BASF-Untersuchungen zum Unfallhergang laufen auf Hochtouren. „Es geht dabei auch um die Standards für die neuen Leitungen und die Frage: Was können wir aus dem Unglück lernen?“, sagt Hafenleiter Egel-Hess.

Noch 18 ausgebrannte Autos stehen auf dem angrenzenden Mitarbeiterparkplatz des Verkehrsterminals.
Geschmolzen: Lampen und Schalter aus Kunststoff.
Feuerwehrchef Haselhorst und Betriebsleiter Egel-Hess.
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