BAD SOBERNHEIM Erlebnis Barfußpfad: Von Iiiiiiih bis Jippie!

Lustiger Anblick auf dem Barfußpfad: die Lehmkniestrümpfe.
Lustiger Anblick auf dem Barfußpfad: die Lehmkniestrümpfe.

Ausflugstipp: Der Barfußpfad im rheinland-pfälzischen Bad Sobernheim war der erste seiner Art in Deutschland. Ein Besuch dort ist nach wie vor ein Erlebnis. Über 100 000 Gäste kommen jedes Jahr an die Nahe. In die Attraktion für Einheimische und Touristen wurden Millionen investiert.

Allein ist man auf dem 3,5 Kilometer langen Barfußpfad in Bad Sobernheim nie. Zumindest nicht in den Sommerferien. Eine ganze Karawane ist an diesem Nachmittag unterwegs – zieht mit Sack und Pack, Kind und Kegel, Buggys, Dreirad und Bollerwagen an den Ufern der Nahe entlang. Und alle haben Spaß. Ganze Gruppen stürzen sich hinein ins nasse Vergnügen, lassen ihre Schuhe zurück in einem Spind.

Der erste Eindruck ist eher fragwürdig. Manche schreien „Iiiiiiiiiiih!“ Andere „Jippie!“ Auch Max ist skeptisch. Er ist mit seiner Oma aus der Vorderpfalz angereist, hat den Ausflug in den Kreis Bad Kreuznach zum Geburtstag geschenkt bekommen. Der Neunjährige mustert das Lehmstampfbecken misstrauisch. „Sieht eklig aus“, sagt er, watet hindurch und sieht zu, dass er wieder Land gewinnt. Ganz unrecht hat er nicht: Die hellbraune Brühe ist eiskalt, und die Pampe unter den bloßen Füßen verströmt einen seltsam fauligen Geruch. Dafür sehen die strammen Waden jetzt zum Schreien aus – überzogen mit lächerlichen Matsch-Kniestrümpfen!

Abwechslungsreich gestalteter Parcours

An einem Brunnentrog mit Pumpschwengel säubern sich viele mühsam die Beine. Wer es bleiben lässt, stellt bald fest, dass sich das Problem sanft bröckelnd auch von selbst löst. Der Parcours ist so abwechslungsreich, dass nicht nur Max begeistert ist. Es gibt Balken zum Balancieren, Holzfässer, die sich drehen, Wackelstege, Kletterpassagen durch einen Seilgarten, Geschicklichkeitsrunden und ein Labyrinth. Ein Paradies – nicht nur für Kinder. Barfuß geht es über Rindenmulch, Kieselsteine, Korkstückchen, Sandwege und Felsgestein. Der Pfad schlängelt sich idyllisch am Fluss entlang, eingebettet in die hügelige Wiesenlandschaft, umgeben von blühenden Sträuchern.

Viele Holzbalken sind schon glatt poliert von den vielen Füßen, die sie täglich überqueren. Unter den Sohlen fühlt sich das herrlich an. Mit weit ausgebreiteten Armen über ein schmales Metallrohr zu tänzeln, da kommt fast so etwas wie Wehmut auf. Die rasch wieder vergeht, denn der Gang über eine Furt durch die Nahe ist abenteuerlich. Derzeit führt sie reichlich Wasser, so dass einigen Kindern doch etwas mulmig beim Überqueren des Flusses wird. „Mama, ich kann das nicht“, sagt ein Mädchen, schafft es dann aber doch. Wenn auch mit nassem Kleidersaum. Mit beiden Händen packt es die rechts und links gespannten Seile und stakst durch das kalte Wasser über die glitschigen Steine. Ein Kampf mit den Elementen, Die Strömung ist an dieser Stelle relativ stark, so dass einem leicht schwindelig wird, wenn man auf den Fluss statt in die Ferne schaut. Max atmet auf, als er sicher am Ufer steht. „Toll!“, sagt er und flitzt schon wieder weiter.

Mit dem Nachen über die Nahe

Eine schwankende Hängeseilbrücke weckt Assoziationen an die knarzende Takelage eines Segelschiffs und führt zurück ans andere Ufer. Doch gerade die Jungs finden den Nachen spannender. Das ist ein rechteckiges Metallboot, in dem sie den Fährmann spielen können. Unermüdlich ziehen sie sich und die anderen Insassen über die Nahe. Mit dem Boot müssen die fahrbaren Untersätze übergesetzt werden. Ein schweißtreibendes Unterfangen, einen schweren Zwillingswagen samt plärrender Besatzung über die Reling zu hieven.

Tourismuskonzept ist aufgegangen

102.000 Besucher kamen im vergangenen Jahr auf Deutschlands ältesten Barfußpfad. 2021 haben sich bislang gut 60.000 Gäste auf das Abenteuer eingelassen. „Der regnerische Sommer hat uns die Bilanz ein bisschen verhagelt“, sagt Ralf Schneberger, der das Sobernheimer Tourismusbüro leitet, auf Anfrage. Er freut sich, dass das 1992 erdachte Konzept aufgegangen ist: Aus dem Pfad sei ein echter Freizeitrenner geworden.

„Wir wollten damals etwas ganz Neues anbieten“, erzählt er. „Anfangs war das ein kostenloser Rundweg ohne die heutige Infrastruktur.“ Mittlerweile zahlt man zwischen drei und fünf Euro Eintritt, denn für den Unterhalt des Pfades müssen laut Schneberger jährlich fast 300.000 Euro aufgebracht werden: „Der Tüv muss die Brücke, den Nachen und die Furt regelmäßig kontrollieren. Es muss gemäht und alles auf dem Weg in Schuss gehalten werden.“ Außerdem werde das Angebot stetig erweitert. Schließlich setze der Kurort auf Qualität. „Die Investitionen in Millionenhöhe haben sich ausgezahlt“, so Schneberger. Er kennt fast 80 Barfußpfade, auch jene in der Pfalz, und findet, dass der Sobernheimer nach wie vor in der höchsten Liga spielt. Der Erlebnischarakter sei einzigartig für jede Altersklasse: „Bei uns wird nichts reglementiert, jeder trägt Eigenverantwortung. Da verstaucht sich mal jemand den Fuß, aber mehr passiert glücklicherweise nicht.“

Max balanciert über einen der Holzparcours.
Max balanciert über einen der Holzparcours.
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