Panorama Interview: „Eulen riechen toll“

Bianka Wolf mit Weißgesichtseule Gandalf.
Bianka Wolf mit Weißgesichtseule Gandalf.

Überlastung, Burnout, Demenz – Eulen können helfen. Das ist die Idee von der „Eulenfrau“ Bianka Wolf (40) aus Schleswig-Holstein. Sie bietet Spaziergänge und Kuschelstunden mit den Tieren an und besucht Schulen. Die Nachfrage ist hoch, wie sie sagt.

Sind Eulen gute Therapeuten?

Ich würde sagen ja. Sie benötigen keine Ausbildung, sondern sind einfach, wie sie sind. Eulen strahlen eine große Ruhe aus, die sich auf Menschen überträgt. Dann müssten Sie als Eulenbesitzerin eine sehr entspannte Person sein. Das bin ich geworden. Ich habe mein Leben entschleunigt. Früher musste in meinem Haushalt alles picobello sein, heute kann mal etwas liegen bleiben. Die neue Entspanntheit ist auch auf meine Eulen zurückzuführen. Sie leben zwar in einer Voliere in meinem Garten, aber meine Familie und ich verbringen viel Zeit mit ihnen. Die Eulenjungen wachsen im Haus auf. Wie läuft so eine Kuschelstunde ab? Als Erstes stelle ich mich und meine Eulen vor und erkläre, wie die Tiere gestreichelt werden können. Witzigerweise geht es den meisten Besuchern dann weniger ums Streicheln und Kuscheln, sondern darum, die Eulen anzuschauen. Sie sind fasziniert von den Federn, dem Schnabel, den Augen. Und Eulen riechen toll. Nach was? Sie riechen alle unterschiedlich. Radagast, ein Chacokauz, riecht nach süßem Popcorn. Die Schleiereule riecht dagegen wie ein muffiges Sofa. Was kostet eine Kuschelstunde? 100 Euro. Daran können maximal vier Leute teilnehmen. Warum sind Eulen so niedlich, andere Greifvögel nicht? Bei Greifvögeln wie dem Bussard befinden sich die Augen an den Kopfseiten. Bei Eulen sind sie vorne. Der sogenannte Gesichtsschleier ähnelt also einem menschlichen Gesicht, und die großen Augen bedienen das Kindchenschema. Wir finden alles niedlich, was große Augen hat. Wie viele Eulen haben Sie? Ich habe ein Pärchen sibirischer Uhus und vier Schleiereulen. Mein Gandalf ist eine Weißgesichtseule, weil er, wie der Name schon sagt, ein weißes Gesicht hat. Zudem habe ich noch ein Steinkauzweibchen und drei Baby-Weißgesichtseulen. Nicht alle Tiere werden für Spaziergänge eingesetzt, manche sind nur Zuchttiere. Wie finden die Eulen es, von fremden Menschen gestreichelt zu werden? Meine Eulen dürfen nur an der Brust und am Köpfchen angefasst werden. Radagast genießt es zudem, zwischen den Augen gekrault zu werden, dann schließt er die Augen. Das zeigt, dass sie die Berührung durch den Menschen durchaus mögen. Die Nachfrage nach den Treffen mit den Eulen ist hoch, aber sonntags ist Ruhetag für die Vögel. Und ich fahre mit ihnen maximal eineinhalb Stunden im Auto. Kann jeder eine Eule kaufen? Ja, Eulen sind bei Züchtern erhältlich. Allerdings ist jede in der Gefangenschaft gezüchtete Eule bei der Naturschutzbehörde registriert. Diese macht jedem Besitzer Auflagen, zum Beispiel zur Größe der Voliere. Sind Eulen nicht nachtaktiv? Ja, aber sie sind auch tagsüber wach und putzen sich, dösen oder beobachte die Umgebung. Das aktive Herumfliegen und die Jagd beginnen erst mit der Dämmerung. Machen Sie sich Sorgen um die wilden Eulenbestände in Deutschland? Auf jeden Fall. Ich war lange für den Landesverband Eulen-Schutz aktiv. Bauern haben mir erzählt, dass sie seit zehn Jahren keine Tiere mehr in den Eulenkästen gesehen haben. In Schleswig-Holstein war der Uhu ausgestorben, konnte aber inzwischen wieder angesiedelt werden. Weltweit sind schon 50 Eulenarten ausgestorben. Woran liegt das Eulensterben? Auch an den Monokulturen in der Landwirtschaft. Diese sind auch die Ursache für das Insektensterben, das wir derzeit beobachten können. Wenn es keine Insekten mehr gibt, gibt es weniger Vögel und kleine Säugetiere wie Mäuse. Dann wissen auch die Eulen nicht mehr, was sie fressen sollen. | Interview: Antonia Kurz

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