Panorama Thailand: Gruseln im Krankenhaus

Die Leiche des hingerichteten Chinesen Si Quey wird in Bangkoks ältestem Krankenhaus Siriraj zur Schau gestellt.  Foto: dpa
Die Leiche des hingerichteten Chinesen Si Quey wird in Bangkoks ältestem Krankenhaus Siriraj zur Schau gestellt.

Seit Jahrzehnten drohen in Thailand Eltern ihren Kindern mit dem Serienmörder Si Quey. Auch mehr als ein halbes Jahrhundert nach dessen Hinrichtung wird dessen Leichnam öffentlich zur Schau gestellt. Wäre es nicht an der Zeit, dass der Tote endlich seine Ruhe bekommt?

Den Namen Si Quey kennt in Thailand jedes Kind. Ein böser Mann aus China, ein Serienmörder angeblich, ein Menschenfresser sogar. „Geh nicht raus, wenn es dunkel ist. Sonst holt dich Si Quey“, sagen Eltern hier seit Generationen. Das ist natürlich Unsinn. Der Mann ist seit bald 60 Jahren tot, hingerichtet am 17. September 1959 von einem Erschießungskommando. Sein Leichnam, einbalsamiert mit Paraffin, steht in einem fest verschlossenen Glaskasten in Bangkoks ältestem Krankenhaus. Gegen 200 Baht Eintritt (5,60 Euro) kann ihn dort jeder sehen.

Genau deshalb gibt es nun Streit. Mehr als ein halbes Jahrhundert lang hat es niemanden gestört, dass in der Siriraj-Klinik, wo sich auch die Königsfamilie behandeln lässt, die Leiche eines hingerichteten Mörders zur Schau gestellt wird. Aber jetzt finden viele Thais, dass das nicht mehr in die Zeit passt. Mehr als 10.000 Leute haben eine Petition unterschrieben, damit der Tote seine Ruhe bekommt.

Der Fall ist nicht so klar wie er scheint

In Gang gesetzt wurde die Bewegung von Pharaoh Chakpatranon, der ein Foto des Toten auf Twitter veröffentlichte und „Gerechtigkeit“ verlangte. Auch Verbrecher hätten nach dem Tod Respekt verdient. „Wir müssen uns die Menschenwürde bewahren.“ Zudem zweifelt Pharaoh, dass der Chinese alle Morde begangen hat, die ihm zur Last gelegt werden.

Tatsächlich ist der Fall nicht so klar. Der Chinese, Jahrgang 1927, war kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nach Thailand gekommen. In der Stadt Noen Phra, 200 Kilometer südlich von Bangkok, fand er Arbeit als Gärtner. Dort wurde er 1958 ertappt, wie er die Leiche eines Achtjährigen verbrennen wollte. Der 31-Jährige gab zu, den Jungen getötet zu haben. Und auch, Herz, Leber und Nieren entnommen zu haben, um sie später zu essen.

Lebenslange Haft in Todesstrafe umgewandelt

Der Fall machte Schlagzeilen im ganzen Land. Im Lauf der Verhöre gestand der Chinese fünf weitere Kindermorde. Nach neuntägigem Prozess wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Berufungsverfahren endete dann aber mit der Todesstrafe. Si Quey fiel bei der Verkündung des Urteils in Ohnmacht. Ein paar Monate später wurde es vollstreckt. Erst später kamen Zweifel auf, ob der chinesische Gärtner wirklich in allen Fällen der Täter gewesen sein konnte.

Nach der Exekution wurde der Leichnam der Wissenschaft zur Verfügung gestellt. Ärzte wollten klären, ob sich das Gehirn eines Serienmörders von normalen Gehirnen unterscheidet. Anschließend wurde der Tote einbalsamiert und ins Museum gebracht. Bis heute spazieren Schulklassen an der wächsernen Figur vorbei, die recht schief in ihrer Vitrine steht.

Stiftung fordert ordentliches Begräbnis

Zum Museum gehören auch die Mumien von zwei namenlosen Mördern. Es gibt Fotos von Mord - und Unfallopfern – und von Menschen, die sich das Leben nahmen. In Thailand sind solche Brachialmethoden nicht ungewöhnlich. Hier müssen Autofahrer, die betrunken am Steuer saßen, auch Leichenhäuser schrubben.

Im Fall von Si Quey scheint sich die Stimmung nun zu wandeln. Und das nicht nur wegen der Petition. Die Präsidentin der Kulturstiftung CCF, Surapong Kongchantuk, sagte der Zeitung „The Nation“: „Das Krankenhaus muss den Leichnam der Familie zurückgeben, damit Si Quey ein ordentliches Begräbnis bekommt. Es hat kein Recht, den Leichnam zu behalten – und schon gar nicht, ihn öffentlich als Kannibalen zu geißeln.“

Die Klinik hat nun angekündigt, die Angelegenheit zu prüfen. Zumindest der Zusatz „Kannibale“ wurde auf dem Glaskasten schon entfernt. |dpa

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