Zweibrücken „Wie de Schnawwel gewachs is“

„Unser Freinde aus Pole sinn ausgeflibbd, wie ich ne gesaad hann: Ihr sinn jedzd in Frankreich. Un ihr hann ned gemerkd, dass do e Grenz war. Sie hann geplärrd vor Freed. Dess is Europa!“ Hinter Brenschelbach, auf dem Weg zur Eschweiler Mühle, wollten sie dann richtige Franzosen sehen. Und was sahen sie dort in gemütlicher Runde sitzen: „De Heribert Rauch aussem Zweebrigger Hallebad“, zusammen mit weiteren Kumpeln aus der Rosenstadt – ke Mussjöhs. Die Freunde, sie hatten lange Wartezeiten mit Kontrollen an der Grenze zur damaligen DDR hinter sich, wollten es kaum glauben, als sie hörten: „Dess is alles eens bei uns.“ Längst waren die Zoll-Kontrollen „owwe in Schweyen“ eingestellt worden, und der Grenzschlagbaum in Hornbach gehörte der Vergangenheit an. Hier hatte man nach dem Einkauf von Delikatessen in Bitsch „das Fissele“ gefürchtet. Und schüttelte schon den Kopf, bevor die Frage kam, ob man etwas zu verzollen hat. Hier hatte der Weber Gottfried aus dem Hornbacher Stadtrat lange Zeit als Grenzbeamter gearbeitet, und er kannte natürlich längst seine Pappenheimer. So hatte man in Schweyen vor den oft südfranzösischen Grenzern schon „Mores“, wenn diese ans Auto traten. Man fürchtete um den gut gefüllten Picknickkorb, wenn man vorhatte am Hanauer Weiher oder an anderer Stelle des schönen Bitscher Landes zu lagern. Ein wenig Angst gehörte immer zum Grenzübertritt, auch wenn man ein (fast) reines Gewissen hatte. Jahre später hörte auch das Umrechnen auf, und die ewige Frage „Wieviel Mark sinn dass dann?“ gehörte auch der Vergangenheit an. Auch wenn es mancher Politiker nicht gerne hörte, so sagte der eine oder andere schon mal „Bitsch is de franzeesische Vorort vun Zweebrigge“. Bereits 1979, bei der ersten Europawahl, wurde dem „Europawanderer“ des Saarländischen Rundfunks, Hans-Jürgen Purkarthofer, ein toller Empfang im Zweibrücker Rosengarten bereitet. Der damalige Oberbürgermeister Helmut Fichtner hob hervor, wie sehr man sich freut, bald offene Grenzen zu haben. Und alle, die ein Stück mit dem Radiomenschen ab der Kirchbacher Mühle gewandert waren – auch Mitglieder des Zweibrücker Wandervereins, allen voran Dieter Steuernagel –, freuten sich auf Europa. Im Rathaus in Bitsch war vor allem Bürgermeister Joseph Schaefer der Nachbarstadt sehr verbunden. Jahre zuvor hatte sein Stadtchef-Kollege Hans-Otto Streuber schon die Verbundenheit zu spüren bekommen: „Vedder, do kenne se redde, wie de Schnawwel gewachs is!“, bekam er zu hören, als er auf dem dortigen Notariat war. Die Zweibrücker waren gerne in der Festungsstadt, und die Besuche wurden auch oft erwidert. Man verstand sich. Als die Veranstalter von „ZW aktiv“ sich einen französischen Minister als Eröffnungsredner wünschten, war das kein Problem: Madame Kieffer, Schaefers-Vorzimmerdame, schaffte es, einen offiziellen Vertreter des französischen Staates „zu besoije“. Freunde hatte Zweibrücken auch beim Bitscher Privatsender „Radio Studio 1“, bei vielen Veranstaltungen waren „es Lola, de Raimon un de Gerhard aus Bermesens“ vor Ort. Mit einfachsten technischen Mitteln wurde gute Arbeit geleistet. Manchmal wünscht man sich, dass es wieder mehr Gemeinsamkeiten geben würde – oder man merkt es nicht, weil inzwischen alles so „normal“ ist?

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