Zweibrücken Totengedenken und Trostmusik

Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald.
Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald.

Der Evangelische Oratorienchor der Pfalz gastiert mit dem „Requiem“ von Giuseppe Verdi am 18. November, 17 Uhr, in Zweibrücken und tags drauf in Speyer. Begleitet von der Kammerphilharmonie Mannheim stehen auch vier exzellente junge Solisten auf dem Podium , darunter Nora Steuerwald.

Mit der „Messa da Requiem“, jenem mächtigen Sakralwerk des italienischen Opernkomponisten Giuseppe Verdi, hat Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald seinen Evangelischen Oratorienchor der Pfalz fraglos für ein hoch ambitioniertes Projekt präpariert. Aufführungen gibt es am Samstag, 18. November, in der Alexanderskirche Zweibrücken und am 19. November in der Gedächtniskirche Speyer, Beginn ist jeweils um 17 Uhr.

Verdis „Requiem“, uraufgeführt 1874 in Mailand, ist leuchtende Wegmarke am Haltepunkt einer (scheinbar) erlahmenden Schaffenskraft. Seine „größte Oper“, wie George Bernhard Shaw das Werk apostrophierte. Verdi hatte kräftezehrende Aufführungen seiner „Aida“ quer durch Europa bewältigt, belastet durch Divergenzen mit den Verlegern Tito und Giulio Ricordi, die Kasse machen wollten. Verdi beschloss danach, sich fortan gemeinsam mit seiner geliebten Frau Peppina allein um sein Landgut Sant’Agata kümmern zu wollen. In diesen Entschluss platzte die Nachricht vom Tod des Schriftstellers Alessandro Manzoni, Dichter des „Risorgimento“, der italienischen Befreiungsbewegung. Verdi trug dem Rat der Stadt Mailand seinen Plan einer sakralen Komposition zum ersten Todestag des Nationalhelden an. Man schlug begeistert ein. Schon einmal hatte Verdi zu dergleichen Anlauf genommen. Als er 1868 vom Tod Rossinis erfuhr, initiierte er ein Requiem, zu dem er und zwölf weitere Komponisten Italiens Teile beisteuern sollten. Eine Aufführung kam damals nicht zustande. Die „Messa per Rossini“ wurde erst 1988 in Stuttgart von Helmuth Rilling uraufgeführt.

Verdi holte seinen Beitrag, sein „Libera me“, aus der Schublade. Überarbeitete die Fuge und platzierte sie ans Ende seiner neuen Komposition.

Im Solisten-Quartett, für das sich Jochen Steuerwald – naheliegend – in der Sparte Oper umgetan hat, interagieren junge Künstlerinnen und Künstler am Start zu durchweg bereits bemerkenswerten Karrieren. Die Sopranistin Astrid Kessler steht derzeit in der Wiener Volksoper als „Salome“ und in Stuttgart in Verdis „Falstaff“ auf der Bühne; der kolumbianische Tenor Andrès Agudelo pendelt zwischen Staatstheater Kassel, Staatsoper München und Engagements weltweit; Markus Piontek, Bass, arbeitet nach seinem Engagement an der Semperoper Dresden mittlerweile erfolgreich und vielgefragt freiberuflich.

Der heimliche Star

Und dann ist da noch Nora Steuerwald, die die Alt-Partie singt und vom Stimmfach ebenso im Mezzo zu Hause ist. Sie ist seit vergangener Saison festes Mitglied der Oper Leipzig und durfte dort – und nicht nur dort - erste Triumphe feiern. Natürlich, als Tochter des Landeskirchenmusikdirektors ist sie von sakraler Musik eingehüllt worden, hat diese von zwei elterlichen Seiten sozusagen mit der „Mutter- und der Vatermilch“ eingesogen, früh ihre C-Prüfung abgelegt und schon im Alter von 13 Jahren mit einem kleinen ländlichen Kirchenchor die sonntägliche Choral-Agenda einstudiert. „Das ist verinnerlicht, das bleibt Teil der Identität und stilistisch auch immer präsent“, sagt sie.

Aber warum den Verlockungen der Bühne widerstehen, wenn Stimme, darstellerisches Talent und äußere Erscheinung allerbeste Voraussetzungen bieten? Es gebe auch in ihrem Fach herrliche Partien. Auf eine davon – mit der wird sie 2025 in Leipzig debütieren – freut sie sich schon jetzt unbändig. „Es gibt eine Neuinszenierung der ,Fledermaus’ von Johann Strauß und der Orlowski ist in meinem Fach schon so eine Art Traum-Partie.“

Am Leipziger Opernhaus fühle sie sich rundum wohl. „Es ist eben ein großes Haus, keine jener typischen Anfängerbühne, die einem oftmals quer durchs Repertoire jagen und stimmlich regelrecht verheizen. Hier gewährt man noch einen gewissen Schutzraum, man kann sich erproben. Und darf auch mal ein bisschen scheitern“, fügt sie lachend hinzu. Aber das war für sie bislang kein Thema. Als Flora in „La Traviata“ und als Dritte Dame in Mozarts „Zauberflöte“ steht sie auf der Leipziger Bühne, war in der vergangenen Saison in Händels „Giulio Cesare“ und als Hänsel in Humperdincks Märchenoper präsent.

Parallel zum Studium besucht Nora Steuerwald die Meisterklasse von Carola Guber an der Musikhochschule Leipzig. Und wird, wie sie bekräftigt, auch den Bereich Oratorium und Lied weiter mit großer Freude pflegen. Zwei Lied-CDs, gemeinsam mit jungen Stars ihrer Couleur, sind während der Corona-Zeit entstanden „und das war wie ein Eintauchen in weitere herrliche Gefilde der Musik.“

Und jetzt das Verdi-Requiem. „Davor habe ich, zugegeben, enormen Respekt. Das ist eine rauschhaft schöne Partie, aber sie geht physisch und psychisch an die Substanz.“

Mit den Solisten und dem Evangelischen Oratorienchor, rekrutiert aus Kantorei-Mitgliedern quer durch die Pfalz, musiziert unter Leitung von Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald die Kammerphilharmonie Mannheim.

Info

Karten gibt es unter rheinpfalz.de/ticket sowie in Zweibrücken im Protestantischen Dekanat, Kaiserstraße 24, und in Speyer bei der Touristinfo, Maximilianstraße 13.

Beim Konzert des Oratorienchors 2022 in der Speyerer Gedächtniskirche: Nora Steuerwald.
Beim Konzert des Oratorienchors 2022 in der Speyerer Gedächtniskirche: Nora Steuerwald.
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