Der Sepp vom Hallplatz So strampelte ein angehender Schriftsetzer in seinen Traumjob

Geliebte, vertraute Umgebung: Der „Stift“ von einst in einer musealen Schriftsetzer-Werkstatt.
Geliebte, vertraute Umgebung: Der »Stift« von einst in einer musealen Schriftsetzer-Werkstatt.

Ein damals 14-jähriger „Stift“ erinnert sich, wie er mit dem Fahrrad ins Berufsleben gestartet ist. Zweibrücken hat eine reiche Drucker- und Zeitungstradition.

„Dess glaabschde ned, wann ich dir vezehl, wie das domols war un wie ich zu meim Wunschberuf komm bin! Vor faschd siebzisch Johr!“ Die RHEINPFALZ-Wirtschaftsserie zur Arbeitswelt bietet viel Gesprächsstoff – auch denen, die längst in Rente sind. Vor allem die Schwierigkeiten, Nachwuchs für die Berufe zu finden: Freie Ausbildungsstellen gibt’s genügend.

Dann dauert es nicht lange, bis die Frage vom Gegenüber kommt: „Wie war dann dess bei dir geween, domols?“ Wie bei anderen Schulkameraden auch; Der Vater bestimmte und hatte schon in seinem Arbeitsbetrieb angefragt, ob „sein Junger“ nach der Schulentlassung anfangen könne. Das war in den großen Betrieben wie Dingler und Lanz oder Pörringer & Schindler nicht anders wie beim Maler Roth oder den heimischen Schlossern. Die Buben kamen „in den Betrieb“, für die Töchter der Angehörigen wurde auf dem Büro ein Platz gesichert.

Wo das Arbeitsamt war, steht heute ein Parkhaus

Natürlich war frühzeitig angefragt worden. Wenn dem Filius der Beruf des Vaters nicht passte und es gab ein „Ich maan awwer ned!“, kam die Keule: „Dann such dir selwer was!“ So fuhr der gerade 14-Jährige zum damaligen Arbeitsamt. Heute steht hier das Parkhaus am Schloss. Der Junge kam mit seinem Fahrrad – und das war am Ende fast entscheidend bei der Berufsfindung. Denn die erste Frage des Berufsberaters Otto Neu lautete unvergesslich: „Bische middem Rad do?“ Nach dem Kopfnicken kam die Aufforderung: „Fahr mol hinner mir her!“ Das war nicht schwer, denn der Kriegsversehrte Neu trat nur mit einem Bein in die Pedale. Es ging zu einer neuen Druckerei zweier Schriftsetzer-Meister in einer früheren Scheune in der Fruchtmarktstraße. Dort überredete der engagierte Berufsberater die Herren Erich Gölzer und Hans Nicklas, „denne Kleene do“ doch als Lehrling einzustellen. Aber gleich gab es Klarheit dabei: „No de Lehrzeit musche awwer widder gehn!“, was der neue „Schriftsetzer-Stift“ auch schon von manchen seiner Schulkameraden so gehört hatte.

Allerdings: Ohne vorherige Prüfung durch den Fachverband Druck hätte die Lehrstelle nicht angetreten werden können: In einem VW-Käfer, den der Vater eines der Beteiligten steuerte, kamen allein vier spätere Lehrlinge für das grafische Gewerbe aus Zweibrücken zur Prüfung im Arbeitsamt Pirmasens. Dort wollte ein Diktat geschrieben und eine größere Rechenaufgabe gelöst werden. Mit einer kleinen Zange musste außerdem ein Stück Draht korrekt gebogen werden: als Beweis für die handwerklichen Fähigkeiten des künftigen Nachwuchsmitarbeiters.

Die wöchentliche Berufsschule für die Setzer und Drucker befand sich in der früheren Schlosskaserne in Kaiserslautern. Heute steht auf dieser Fläche das imposante Rathaus der Barbarossastadt.

„Es waare awwer domols annere Zeide“

Rückblickend heißt es: „Es waare awwer domols annere Zeide!“ Immer wieder mal wird das gesagt, denn den Kontakt zu den damaligen Jüngern der „Schwarzen Kunst“ gibt es auch heute noch. Andere Zeiten – auch weil es nicht damals möglich war, mit der Bahn wegen der Abtrennung des Saarlandes über Homburg in die Berufsschule zu fahren. Das hieß: Ein langer Schultag jede Woche, kurz nach fünf Uhr ging der Zug und um 20 Uhr war man wieder im Bahnhof Zweibrücken. „Wann nur die Grenz ned wär!“, stöhnten die Berufsschüler immer – aber die gab es noch eine ganze Weile.

Der Kontakt aber zum früheren Berufsberater Otto Neu, der später als Chef der Standortverwaltung der Bundeswehr in Ruhestand ging, riss nie ab: Wenn der frühere „Stift“ ihn höflich grüßte, kam prompt die Frage: „Hann ich’s domols richdisch gemachd!“ Was ihm gerne bestätigt wurde.

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