Zweibrücken Schnipp, schnapp, Krawatte ab

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Heute, an Altweiberfasching, übernehmen die Frauen das Regiment. Sie haben es besonders auf die Krawatten der Herren abgesehen. In Zweibrücken lässt sich zwar kaum ein Mann finden, der schon einmal auf der Straße von faschingsbegeisterten Damen überfallen wurde. Am Arbeitsplatz wird die närrische Tradition des Krawattenabschneidens aber gepflegt, wie bekannte Zweibrücker Krawattenträger berichten.

„Das passiert bei uns jedes Jahr, das hat sich so eingebürgert“, berichtet Arno Hügel, Vorstandsmitglied der VR-Bank Südwestpfalz. Er findet diese Tradition überhaupt nicht schlimm: „Auf diese Weise wird man die eine oder andere alte Krawatte los.“ Die Mitarbeiterinnen der Bank dürften an Altweiberfasching durchaus auf den Chef losgehen. „Ja, meine Krawatten haben sich schon des Öfteren auf gar nicht so wunderbare Weise deutlich verkürzt“, berichtet auch Bürgermeister Rolf Franzen. Er leiste dabei formalen Widerstand, gebe sich aber dem weiblichen Geschlecht geschlagen. „Wenn ich rechtzeitig daran denke, ziehe ich an dem Tag eine ältere Krawatte an. Aber sie soll trotzdem zu meinem übrigen Outfit passen“, sagte der stilbewusste Bürgermeister. Er habe allerdings auch schon beim morgendlichen Anziehen das Datum vergessen und eine neue Krawatte ausgewählt. „Die war dann später um einige Zentimeter kürzer.“ Bei den „Angreiferinnen“ handele es sich meist um Mitarbeiterinnen, die an diesem Tag Respekt gegenüber seinem ehrwürdigen Amt vermissen lassen. „Ich bin halt nicht so gefürchtet“, sagt Franzen schmunzelnd. Auf der Straße habe er noch nie erlebt, dass sich faschingsbegeisterte Damen über seine Kleidung hermachen. „Ich glaube, das hat bei uns nicht so große Tradition. Außerdem ist man zu dieser Jahreszeit dick eingemummelt unterwegs, da erkennt man gar nicht, ob jemand eine Krawatte trägt“, erklärt Franzen. Im Eiscafé La Perla gehören Krawatten zur Uniform, bei den männlichen wie bei den weiblichen Mitarbeitern. Doch mache sich an Altweiberfasching niemand Sorgen um die Arbeitskleidung, erklärt Inhaber Mirco Foltran. Er kenne zwar die närrische Tradition, es habe aber noch nie jemand versucht, ihm oder seinen Mitarbeitern den Schlips abzuschneiden. Im Hofenfels-Gymnasium trägt außer Schulleiter Werner Schuff kaum ein Lehrer Krawatte, doch auch der hat nach eigener Aussage nicht jeden Tag einen Schlips an. In den vergangenen zehn Jahren sei es zwei- oder dreimal passiert, dass Abiturientinnen an Weiberfasching mir der großen Schere kamen. „Ich habe für diesen Fall zwei besondere Krawatten hier in meinem Büro“, verrät Schuff. Die ziehe er im Alltag nicht mehr an, deshalb sei es nicht schlimm, wenn sie Schaden nehmen. An der Zweibrücker Hochschule werden wohl kaum Krawatten abgeschnitten. Zumindest im Fachbereich Betriebswirtschaft seien in den vergangenen Jahren keine Herren mit abgeschnittenem Schlips gesichtet worden, heißt es dort. Der Fachbereich Informatik vermeldet zudem, man beherberge ohnehin nur wenige Krawattenträger. Der Zweibrücker Polizeichef Matthias Mahl hat schon öfter Krawatten eingebüßt. Über Jahre hinweg sei er mit einer Männergruppe beim Sport- und Gesangverein in Elschbach (Bruchmühlbach-Miesau) aktiv gewesen. Auch heute noch sitzt er im Elferrat. „Wir bereiten uns aber vor und ziehen an Altweiberfasching natürlich nicht den neuesten Schlips an, sondern einen alten, schon etwas ramponierten“, verrät Mahl. Heute Abend ist er nach Dienstschluss im Dorfgemeinschaftshaus Elschbach zu finden. „Die Frauen stehen vor der Theke, die Männer dahinter“, erzählt Mahl. „So soll es an diesem Tag ja auch sein.“ (Archivfotos: 4 Steinmetz, 1 Moschel, 1 privat)

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