Zweibrücken Frauenkörper, zwischen Licht und Schatten verteilt

Wenn das Thermometer hochsommerliche Temperaturen anzeigt, ist Abkühlung notwendig. Etwa durch leichte Kleidung oder durch kühle Eiscreme. Beides lässt sich im Zweibrücker Stadtteil Wattweiler kombinieren. Dort zeigt der Fotograf Norbert Weber aus Waldmohr Beispiele aus seinem Zyklus „Menschenbilder“.

Wer einen sehr kritischen Blick hat, dürfte vielleicht anmerken, dass das Menschenbild Norbert Webers ausschließlich aus leicht bis gar nicht bekleideten Frauen jüngeren Alters besteht. Allerdings, das mag zur Ehrenrettung der Bildauswahl bemerkt werden, handelt es sich nicht um klassische Aktfotografie. Vielmehr versucht der in Waldmohr lebende Fotograf, der Mitglied im Zweibrücker Kunstverein ist, mittels seiner Kamera Eigenschaften zu enthüllen, die dem flüchtigen Blick sonst verborgen blieben. Und das jenseits jeglichen Voyeurismus. „Ich fotografiere nicht, was die Kamera sieht. Ich fotografiere, wie ich und meine Auge sehen“, erklärt Weber seine Herangehensweise. Er verbindet eigene Gedanken und Emotionen mit dem realen Bild und erzielt dadurch ebenso erstaunliche wie interessante Porträts. Dass dafür nicht nur ein einfaches Drücken auf den Auslöser der Kamera notwendig war, ist unübersehbar. Vielmehr setzt Weber seine Modelle in komplexe Posen und ungewöhnliche Lokalitäten. Etwa (siehe Foto), wenn eine Frau hinter einer Papierwand steht und nur ein Arm und ein Bein aus gerissenen Öffnungen hervorschauen. Dennoch glaubt man, der Person gegenüberzustehen. Denn ihr Schattenwurf durch das Papier zeigt die Silhouette, die sich in einem weiteren Schatten wiederholt. Ein Bild, das den Blick fesselt und zum genaueren Hinschauen animiert. Besonders, da es diese Aufnahme auch als Negativ gibt, wodurch die Kontraste zwischen Licht und Dunkelheit noch verstärkt werden. Geheimnisvoll und beinahe märchenhaft wirkt eine andere Frau, die inmitten eines verwunschenen Raumes steht. Pflanzen ranken sich dicht über den Boden, schemenhaft ist im Hintergrund ein weit geöffnetes Fenster zu sehen. Der Mensch wirkt verloren und dennoch in einem geschützten Raum. Die Wirkung erzielt Norbert Weber hier durch eine geschickte Verteilung von Licht und Schatten, die zum einem Kontraste schafft, zum anderen auch scharfe Konturen verwischt. Um besondere Effekte zu erreichen, benutzt der Fotograf auch Mehrfachbelichtungen. Etwa die einer Frau, deren Kopf durch eine weiße Kapuze verdeckt ist. Dreimal wurde ihr Körper abgelichtet, jeweils in einer anderen Pose. Im Hintergrund steht sie frontal zum Betrachter, links daneben beugt sie sich in Seitenansicht hinunter, ganz vorne dann nochmals tiefer bis in die Hocke. Was allerdings genau vorne und hinten ist, bleibt offen. Denn durch die Doppelbelichtung geraten die unterschiedlichen Motive auf eine einzige Ebene und vermischen sich auf beinahe groteske Art und Weise. Neben den optischen Effekten glaubt man auch andere Phänomene aus den Wattweiler Fotografien erkennen zu können. Beispielsweise die Beschäftigung mit der Zeit. Webers Bilder zeigen eine Entschleunigung, indem sie zwar eindeutig in Bewegung sind, sich für diese aber viel Zeit lassen. Eine Frau kniet am Strand, durch kreisförmige Doppelbelichtungen akzentuiert. Eine andere scheint zu springen, umgeben von einer transparenten Hülle. Die Aufnahme erfolgte mitten in der Bewegung. Dennoch wirkt es nicht wie ein festgehaltener Moment. Vielmehr glaubt der Betrachter, den gesamten Bewegungsablauf mit seinen Augen verfolgen zu können. Eine spannende Illusion, die zu schaffen viel Geschick und Meisterschaft benötigt. Beides hat Norbert Weber sicherlich. Und so macht die kleine Auswahl neugierig, was wohl noch in den Waldmohrer Archiven verborgen ist.

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