Die Wochenend-Meinung Der Stadtrat darf nicht zum Familienrat verkommen

Der Zweibrücker Stadtrat im Juni 2019, der ersten Sitzung der aktuellen Wahlperiode.
Der Zweibrücker Stadtrat im Juni 2019, der ersten Sitzung der aktuellen Wahlperiode.

Die Zweibrücker Parteien stellen ihre Listen für den Stadtrat auf. Viele Kandidaten sind miteinander verwandt, verheiratet oder verbandelt. Das kann gefährlich werden.

Zweibrücken hat 34.000 Einwohner. 40 Sitze hat der Stadtrat. Da dürfte es kein Problem sein, genug Leute für den Rat zu finden. Schaut man sich aber die Kandidatenlisten an, können einem da schon Zweifel kommen. Die ersten sechs Plätze bei der SPD: Stéphane Moulin, Rebecca Wendel, Klaus Fuhrmann, Pervin Taze, Thorsten Gries, Theresa Baumann. Ein Ehepaar – Moulin und Taze – plus ein Vater und seine beiden Stieftöchter – Gries, Baumann und Wendel. Vier dieser fünf sitzen bereits im Rat. Rebecca Wendel noch nicht. Dafür ihr Lebensgefährte. Aber nicht bei der SPD: Die frühere Landtagskandidatin Wendel ist mit Pascal Dahler zusammen, dem Fraktionssprecher der CDU.

Die CDU steht der SPD in nichts nach

Die CDU verteilt ihre Familienbande etwas großzügiger über die 40 Listenplätze, steht der SPD aber in nichts nach: Ratsmitglied Herbert Beckmann kandidiert ebenso wie seine Ehefrau Gaby Beckmann. Dazu die gemeinsame Tochter, deren Freund und ihr Onkel. Bürgermeister Christian Gauf auf Platz 5 will zwar gar nicht in den Rat einziehen und steht nur drauf, um Stimmen zu fangen, aber sein Stiefsohn Marcel de Gruisbourne hat einen aussichtsreichen Platz auf 10. Er könnte seiner Mutter Anja Gauf de Gruisbourne nachfolgen, die im aktuellen Rat sitzt und auf eigenen Wunsch weit nach hinten gerückt ist. Sie ist die Ehefrau von Bürgermeister Christian Gauf.

„Eine Person, die in den Rat gewählt wurde, um die Verwaltung dabei zu kontrollieren, wenn sie die im Rat getroffenen Beschlüsse ausführt, kann nicht gleichzeitig selbst in der Verwaltung tätig sein und sich somit quasi selbst kontrollieren.“ So erklärt die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion ADD in Trier, warum jemand nicht in der Stadtspitze arbeiten und gleichzeitig im Stadtrat sitzen kann. Dass der Mann Bürgermeister ist und die Ehefrau im Rat sitzt und seine Arbeit kontrolliert, das geht.

Ehepaare und Familien auf den Listen

Ein Ehepaar sitzt auch für die Grünen im Stadtrat: Norbert und Dagmar Pohlmann, die auf Platz 2 und 3 ihrer Liste kandidieren.Bei der FDP steht die Vorsitzende Erika Watson auf Platz 1, weiter hinten ihre Tochter und ihr Sohn. Von weiteren Paaren und Familien auf beiden Listen ganz zu schweigen – wenn auch mit wenig Chancen, in den Rat gewählt zu werden. Das alles ist erlaubt. Es ist auch nicht so, als würden im Zweibrücker Rat nur Großfamilien über das Wohl und Wehe der Stadt entscheiden. Aber es birgt zwei Gefahren und zeigt zwei besorgniserregende Entwicklungen.

Zum einen darf es nicht so weit kommen, dass über die Platzierung auf der Liste nicht mehr vor allem das Können und das Vertrauen und die Beliebtheit beim Wähler entscheiden, sondern eher wer mit wem verwandt ist. Zum anderen ist es nicht gut, wenn zu viele Mitglieder zu eng miteinander verbandelt sind. Die Arbeit im Rat lebt von Diskussionen, unterschiedlichen Meinungen und dem Ringen nach der besten Lösung. Da darf es keine Beißhemmung geben, weil sich Mann und Frau oder Papa und Kind nicht streiten wollen. Auch keine vorgefassten Meinungen, die schon am Wochenende an Frühstückstischen ausbaldowert wurden und gegen die dann niemand mehr ankommt, egal wie überzeugend die Argumente auch sein mögen.

Es wird schwieriger, überhaupt Leute zu finden

Dass so viele Familien auf den Listen stehen, zeigt auch: Für die Parteien wird es schwieriger, überhaupt noch Leute für die ehrenamtliche Arbeit in der Kommunalpolitik zu finden oder gar zu begeistern. Gerade deshalb füllen ja kleine Parteien ihre Listen mit Angehörigen, um nur ja keine Stimme zu verschenken.

Die Listen stellen dann irgendwann keinen „breiten Querschnitt der Bevölkerung“ mehr dar, wie etwa die FDP ihre Liste beschrieb. Sind nicht mehr „in der Breite der Gesellschaft verankert“, wie es die CDU nannte. Die CDU hatte vor einer Woche eigens herausgestellt, wie froh sie ist, Thomas Eckerlein und Heinrich Grim im Stadtrat und auf der Liste zu haben – zwei Handwerkermeister mit eigenen Betrieben, der eine Schreiner, der andere Metzger. Diese Vielfalt ist wichtig. Wenn nur noch ein kleines, eng verbandeltes Grüppchen entscheidet, was in der Stadt gemacht wird, dann gehen wichtige Impulse und Ideen, aber auch mahnende Stimmen verloren.

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