Zweibrücken Alicia Käs und Whitney Husten

Wenn Musikkabarettistin Alexandra Gaugner als Dissidentin im eigenen Körper mit ihrer inneren Stimme namens Olga streitet, Lebensexperte Timo Wopp Hilfe zur Selbsthilfe verspricht und das Duo Lumpenpack einen „Steil-geh-Tag“ erlebt, dann weiß man: So etwas gibt’s nur bei der St. Ingberter Pfanne.

Bereits seit Samstag wetteifern beim Kleinkunstwettbewerb St. Ingberter Pfanne zwölf Künstler um die Gunst von Fachjury und Publikum (). Philipp Scharri, Moderator und „Pfannensieger“ 2010, bat in der voll besetzten Stadthalle auch am Dienstagabend wieder humorige Wettbewerber auf die „Bretter, die Gewalt bedeuten“. Alexandra Gaugner, Musikkabarettistin mit erstaunlichem Stimmpotenzial, eröffnete mit ihrem Programm „Spiel mir das Lied vom Glück“ den Abend. Dabei nahm die „Operndiva im Pünktchenkleid“ mit dem badischen Dialekt ihr Publikum mit auf einen wilden Ritt quer durch die unterschiedlichsten Musikgenres. So diente Bizets „Carmen“ der Frau mit dem heißblütigen Karlsruher Temperament als Vorlage für Telefonsexwerbung, während „Whitney Husten“, zum Huhn mutierte, das nach Worten pickt, und „Alicia Käs, Margot Hellwig in Dunkel“ in laszives Stöhnen ausbrach. Viele unterschiedliche Töne schlug Gaugner in ihren Parodien an, und dank ihrer Stimmgewalt traf sie jeden einzelnen. Doch selbst eine Opernprinzessin mit „einem Prinzen ohne Gaul, dafür aber mit Teppich und Migrationshintergrund“ hat ihr Päckchen zu tragen. So muss sich die badisch-protestantische Gaugner mit einer schwatzhaften, orthodoxen inneren Stimme herumschlagen: Olga, die sich − mit russischem Akzent − vor allem zu Wort meldet, wenn frau sich einem riesigen Stück Schwarzwälderkirschtorte zuwenden möchte. Timo Wopp, Kabarettist mit „schwerer Kindheit in der Hausbesitzerszene“, hat sich in seinem Programm „Passion“ der praktischen Lebenshilfe verschrieben. Der Mann, der seine Kenntnisse in „hochspezialisierten Low-profile-Jobs“ erworben hat, setzt dabei auf „asoziale Kompetenzen“. „Wichtig ist nur, dass man beim Nicht-Helfen gut rüberkommt. Ich sage immer, ich wünschte, ich könnte, aber ich habe einfach keine Lust.“ Nebenbei schwadronierte der „Sekundärvegetarier“ („Ich esse nur Fleisch von Tieren, die selbst kein Fleisch fressen“) über seine letzte Begegnung mit Christian Wulff auf dem Golfplatz („Er war ganz entspannt und hat viele neue Projekte, aber dann musste er weitermähen“), die Gefahren zu großen Wissens und die neue Form des Kulturkampfes auf Spielplätzen. Der Kabarettist mit der schnellen und spitzen Zunge präsentierte dem begeisterten Publikum in St. Ingbert sogar eine anspruchsvolle Jongliernummer. Ebenso witzig präsentierten sich Max Kennel − zweifacher bayrischer Meister im Poetry Slam − und „Indiana Jones“ − rheinland-pfälzischer Poetry-Slam-Meister − zusammen als das „Lumpenpack“: „Wir sind zwei, wie man unschwer erkennt. Allein zu nichts nütze, zusammen ’ne Band. Wie Siegfried und Roy mit weniger Tigern, wie Modern Talking mit besseren Liedern. Wir sind zwei, beide grinsen debil; einer hat Talent, und der andere hat Stil.“ Die beiden haben mehr als hundert Poetry-Slam-Siege auf ihrem Konto und zeigten mit ihrem Programm „Steil-geh-Tour“ eine rasante Mischung aus Musik, skurrilen Erzählungen (etwa der Schauergeschichte vom unartigen Klaus: „Der ist tot wegen Internetverbot“) und nachdenklich-lyrischen Texten über den Zeitgeist, der ständige Geschwindigkeit verlangt. Ihre Erkenntnis: Trotz aller Silvestereuphorie wird das Leben niemals wirklich anders, sondern es geht einfach weiter.

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