Speyer Verkehrsverein beschenkt das Stadtarchiv

Eine wahre Fundgrube: Stadt-Vertreter danken dem Verkehrsverein für das neue Archivgut. Von links: Uwe Wöhlert, Monika Kabs, Fri
Eine wahre Fundgrube: Stadt-Vertreter danken dem Verkehrsverein für das neue Archivgut. Von links: Uwe Wöhlert, Monika Kabs, Fritz Hochreither, Stefanie Seiler, Sandra Selg und Julia Kratz.

Echte Raritäten hat der Verkehrsverein Speyer (VVS) dem Stadtarchiv überlassen: 14 Gästebücher aus dem vom Verein bewirtschafteten Judenhof, außerdem ein historisches Protokollbuch der Speyerer Gastwirte, dessen Inhalt den Anwesenden als ersten Kommentar entlockte: „Genau wie heute.“

Fritz Hochreither hat es wieder mal möglich gemacht. Das 83-jährige Ehrenmitglied, seit 1988 im Verkehrsverein aktiv, hat dessen Archiv schon vor Jahren auf Vordermann gebracht. Beim Verein verbleibt aber nur ein überschaubarer Bestand; was für die Stadt Speyer von großem Wert ist, soll an deren Archiv weitergeleitet werden. Julia Kratz vom Archiv und Oberbürgermeisterin Stefanie Seiler (SPD) freuten sich darüber: „Es ist wichtig zu wissen, wie es früher war. Daraus kann man gute Schlüsse für die Zukunft ziehen“, unterstrich Seiler.

Hochreither hat all die Gästebücher aus Speyers zweitem Weltkulturerbe seit dessen professioneller touristischer Erschließung nicht nur aufbewahrt, sondern sie auch herzeigbar gemacht. „Es haben sich auch viele ausländische Gäste darin sehr emotional verewigt“, so Verkehrsverein-Vorsitzender Uwe Wöhlert. Anderes sei in kyrillischer Schrift verfasst und müsse übersetzt werden. Sein Kollege Hochreither war selbst regelmäßig im Besucherdienst tätig und kann sich an viele besondere Gäste erinnern. „Es gibt immer wieder Leute, die hier ihr Ritualbad nehmen möchten, obwohl das Bad nicht mehr in Betrieb ist“, nannte er ein Beispiel.

„Erfolgreiches Jahr“

Die Anerkennung der jüdischen Stätten in Speyer, Mainz und Worms als Weltkulturerbe werde einen weiteren Schub geben, zeigte sich Wöhlert überzeugt. Der Verkehrsverein begleite die Entwicklung gerne und könne auch in seinen anderen Tätigkeitsfeldern auf ein erfolgreiches Jahr zurückblicken. Der Sommertagszug und das Brezelfest seien erfolgreich aus ihren Corona-Pausen zurückgekommen. „Wir sind wieder richtig im Geschäft.“ Auch das Brezelfest sei ein Thema für das VVS-Archiv: Zuletzt seien Funde für die Jahre 1910 bis 1914 vorgestellt worden, danach gebe es Überlieferungslücken. Wöhlert: „Wir bitten jeden, der eine Quelle oder ein Foto hat, sie uns zu zeigen.“

Zum Geschichtsbewusstsein der VVS-Vertreter passt das weitere Archivstück, das am Montag übergeben wurde: das Protokollbuch der Speyerer Wirte ab 1947. Hochreither hat es redaktionell ergänzt und so zur Fundgrube für Lokal- und Wirtschaftshistoriker gemacht. An das Werk sei der Verein über den kürzlich verstorbenen Rupprecht Günster, Speyers ältesten Gastwirt („Alte Schwarz’sche Brauerei“), gekommen. Die Gastwirte konnten sich damals auch um den Ausschank auf dem Brezelfest bewerben, was sie in Kontakt mit dem ausrichtenden Verkehrsverein brachte.

Mehr als 2000 Bierkrüge fehlen

Es fänden sich darin einige Dinge, über die man heute schmunzeln könne, so Hochreither: Zum Beispiel der Ärger aus einem Jahr, in dem nach dem Brezelfest mehr als 2000 Bierkrüge fehlten. „Welcher Wirt macht mit, wer trägt die Risiken, wie hoch ist der Bierpreis?“ Solche Fragen wurden den Protokollen zufolge vor praktisch jedem Brezelfest gestellt. Die Stadt-Vertreter erkannten Parallelen zu heute: „Es geht immer ums Geld.“

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