Speyer Schönheit ohne festen Standpunkt

91-93543298.jpg

„Hoffentlich bin ich schon wach genug für ein Interview“, sagt Ellen Akimoto. Die 28-Jährige wohnt eigentlich in Leipzig, besucht aber gerade ihre Eltern in Kalifornien. Zum Zeitpunkt des Telefongesprächs ist es dort 7.20 Uhr. Akimotos farbenfrohe Ölgemälde sind für den Großen Hans-Purrmann-Preis der Stadt Speyer nominiert.

„Ich versuche, einmal pro Jahr nach Hause zu fliegen“, erzählt Akimoto. Sie wurde in der südkalifornischen Stadt Westlake Village geboren. In den USA hat sie studiert und ihren Bachelor in Kunst gemacht. Während des Studiums absolvierte sie ein Austauschsemester an der Universität Mainz. Von 2014 bis September vergangenen Jahres studierte sie an der Leipziger Hochschule für Grafik und Buchkunst. Den Namen Hans Purrmann kannte Akimoto vor ihrer Bewerbung gar nicht. Inzwischen hat sie sich aber mit den Werken des gebürtigen Speyerers auseinandergesetzt: „Ich finde die Farbpalette, die energetischen Bewegungen im Bild und die menschlichen Porträts sehr schön.“ Für ihre Bewerbung hat sie vier ihrer großformatigen Ölbilder eingereicht, die alle englischsprachige Titel haben: „Kiss“, „Parallel Perspective Horse“, „Bathtime“ und „The Reader“. Der zweite Bildtitel weist auf die sogenannte Parallelperspektive hin, mit der die Amerikanerin den Raum in ihren Werken darstellt. „Ich wollte weg von der Zentralperspektive“, erklärt sie. „Sie war für mich irgendwie immer noch zu nah an der Fotografie, die heute ein Monopol darauf hat, wie wir sehen oder Bilder verstehen.“ Die Parallelperspektive sei schön, weil es eben nicht den einen festen Standpunkt gebe. Gleichzeitig müssten die Gegenstände nicht kleiner gemalt werden, weil sie weiter vom Betrachter entfernt seien. „Für mich beweist die Parallelperspektive auch, wie elastisch der menschliche Blick ist und dass man verschiedene Perspektiven einnehmen kann“, unterstreicht Akimoto. Das habe für sie eine gesellschaftliche Bedeutung. Den Blick zu ändern, sei eine Voraussetzung dafür, einander zu verstehen. Der 28-jährigen Kalifornierin geht es aber auch darum, Menschen und das Leben generell darzustellen, wie es ist – als ein „Drama der Menschen: Sie wollen etwas schaffen, scheitern, versuchen es erneut“. Zudem interessierten sie vor allem Frauenfiguren und dunkelhäutige Menschen. Bei deren Darstellung als Hauptfiguren von Bildern sieht sie einen Mangel in der Kunstgeschichte. Die Frauen auf ihren Bildern beschreibt die Künstlerin als „schön und mit Fehlern – wie Menschen eben so sind“. Dennoch begreift sie sich nicht als politische Künstlerin. Vielmehr sei es traurig, dass eine dunkelhäutige Person automatisch in einem politischen Kontext gesehen werde. Speyer kennt sie schon: 2015 hat sie beim Kunstverein gemeinsam mit neun weiteren deutschen und amerikanischen Künstlern unter dem Titel „Freistil“ ausgestellt (wir berichteten). „Dass es im Mittelalter ein richtiges Zentrum des Geschehens war und heute so klein wirkt, finde ich interessant“, sagt sie. Der Lauf der Zeit und der Geschichte werde dort sehr deutlich.

x