Speyer Mord in Minsk und Auschwitz

Heute mit der Telekom als Mieter: Maximilianstraße 68 (Mitte).
Heute mit der Telekom als Mieter: Maximilianstraße 68 (Mitte).

22 Stolpersteine für 22 NS-Verfolgte aus sechs Familien werden am Montag, 15. April, in Speyer verlegt. Beginn ist um 12 Uhr vor dem Haus im Frohsinn 1, ab 12.40 Uhr geht es in der Maximilianstraße weiter. Erste Hausnummer dort ist die 68. Diese RHEINPFALZ-Serie stellt die Forschungsergebnisse der Stolperstein-Initiative – Sabrina Albers, Kerstin Scholl, Katrin Hopstock, Jutta Hornung, Cornelia Benz, Ingrid Kolbinger, – zu den sechs Familien vor. Zum Abschluss: die Familie Scharff.

Lazarus Scharff wird am 15. August 1854 in Kleinfischlingen geboren und beteiligt sich im Alter von 16 Jahren als Freiwilliger am Deutsch-französischen Krieg 1870/71. Als Kaufmann betreibt er eine Kolonialwarengroßhandlung in der Maximilianstraße 68, die im Jahr 1937 an seinen Prokuristen Theodor Fischer verkauft wird. Am 28. August 1881 heiratet er die am 25. August 1861 in Blieskastel geborene Karolina (genannt Lina) Joseph. Er hat mit ihr die Töchter Frieda (Jahrgang 1883) und Emma (Jahrgang 1884). Tochter Frieda heiratet am 10. Oktober 1906 in Bruchsal Zigarrenfabrikant Isidor Beissinger (Jahrgang 1879). Nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Else Gertrud (Jahrgang 1908) lässt sich das Paar scheiden. Frieda zieht zurück zu ihren Eltern. Else Gertrud heiratet 1932 den in Berlin lebenden Verleger Miron Goldstein (später Mironescu), mit dem sie 1937 nach der Geburt der gemeinsamen Tochter Nofretete Zita (genannt Nofi) nach Rumänien übersiedelt. Die Familie wird während des Kriegs in einem Arbeitslager interniert. Im Jahr 1951 emigriert sie nach Israel. Else hält sich in den 50er Jahren in Deutschland auf, um sich um die zahlreichen Rückerstattungsverfahren zu kümmern. 1954 nimmt sie sich in Heidelberg das Leben. Ihre Tochter Nofi lebt heute noch in Israel. Lazarus’ Tochter Emma heiratet im Jahr 1909 Ludwig Heilbronner, und das Ehepaar zieht nach Düsseldorf. Ihre gemeinsame Tochter Liesl wird am 9. März 1924 geboren. Liesl kann als 15-Jährige 1939 mit einem Kindertransport nach England gerettet werden. Sie heiratet Alfred Munden und lebt heute noch in Großbritannien. Ihre Eltern, Emma und Ludwig Heilbronner, werden 1941 nach Minsk deportiert und dort erschossen. Lazarus’ Frau Lina stirbt am 24. Mai 1938 in Speyer und ist auf dem dortigen jüdischen Friedhof beigesetzt. Ihr Gatte und Tochter Frieda werden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert. Er ist mit 86 Jahren der älteste Speyerer Bürger des Transports. Auch der Ex-Ehemann von Frieda, Isidor Beissinger, wird in Gurs interniert. Lazarus stirbt am 10. November 1940 in Gurs. Frieda wird von Gurs nach Les Milles deportiert, dann nach Drancy. Am 16. August 1942 gehört sie zu Transport Nummer 19 nach Auschwitz, wo sie ermordet wird. Als Sterbedatum legt man später den 8. Mai 1945 (Tag des Kriegsendes) fest. Vor dem Haus Maximilianstraße 68 werden Stolpersteine für Lazarus und Karolina (Lina) Scharff sowie Frieda Beissinger (geborene Scharff) verlegt.

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