Speyer „Liebevoller Umgang mit dem Schicksal“

Volle Konzentration: Christian Birko-Flemming spielt Mutter und Sohn zugleich.
Volle Konzentration: Christian Birko-Flemming spielt Mutter und Sohn zugleich.

„Du bist meine Mutter“: Mit diesem Ein-Mann-Stück steht der Mannheimer Schauspieler Christian Birko-Flemming am Dienstag, 12. Juni, 20 Uhr, auf der Bühne des Speyerer „Kulturbeutel“-Festivals im Alten Stadtsaal. Er verkörpert darin seinen niederländischen Kollegen Joop Admiraal, der das autobiografische Stück geschrieben hat. Unsere Mitarbeiterin Antonia Kurz hat vorab mit Birko-Flemming gesprochen.

„Du bist meine Mutter“ – Lobeshymne oder Abrechnung?

Nichts von beiden. Das Stück ist vielmehr eine liebevolle Beschäftigung mit der eigenen Biografie und dem Thema Demenz. Joop Admiraal hat in den 80er-Jahren seiner Mutter, die an Demenz erkrankt war, damit ein Denkmal gesetzt – zu einer Zeit, in der Demenz nur ein Nischenthema war. Wie ist die Handlung? „Du bist meine Mutter“ ist ein Ein-Mann-Stück. Ich spiele beide gleichzeitig: Admiraal und seine Mutter. Es passiert eigentlich nicht viel, der Sohn geht seine Mutter besuchen und sie reden – Demenz heißt ja, im Moment zu leben und keine Zukunft mehr zu planen. Das klingt fast ein wenig banal. Was hat Sie gerade an diesem Stück begeistert? Viele Menschen sagen, dass sie sich scheuen, es zu sehen, weil es sie belasten könnte. Aber jeder, der sich traut, es anzuschauen, ist anschließend total verändert und erleichtert, wie ich es bei noch keinem Stück erlebt habe. Die Botschaft von „Du bist meine Mutter“ ist ja, sein Schicksal anzunehmen und einen liebevollen Umgang damit zu finden. Wie geht es der Mutter? Demente Menschen sind oft sehr kindlich. Mutter und Sohn tauschen also nicht nur Banalitäten aus, sondern die Mutter haut zwischendurch richtige Klopper raus, verteilt rhetorische Ohrfeigen, die man nicht erwartet hat und die einem den Atem nehmen. Ist es eine Herausforderung, alleine zwei Rollen zu spielen? Ja, vor allem, weil man gleichzeitig Mutter und Sohn spielt und nicht abwechselnd. Da muss man sich schon konzentrieren, um nicht aus dem Text zu fliegen. Sind Sie dann geschlechterneutral gekleidet? Die Regisseurin vom „Theater in der Kurve“ in Neustadt, Hedda Brockmeyer, und ich haben uns entschieden, dass ich erst als Admiraal auftrete und im Moment, in dem er seine Mutter trifft, die im Bett liegt und schläft, das Kostüm zu wechseln. Am Ende verwandle ich mich wieder in den Sohn. Es ist faszinierend, wie trotzdem beide Figuren immer gleichzeitig präsent sind. Admiraal war ein niederländischer Schauspieler, der 2006 gestorben ist. Wie haben Sie das Stück entdeckt? Es gehört zum Standardrepertoire von Demenzstücken im Theater. Admiraal hat es ja auch als Film umgesetzt und dafür einen Grimme-Preis gewonnen. Ich habe es vor 15 Jahren das erste Mal gesehen und war begeistert von diesem modernen Klassiker. Die Regisseurin Brockmeyer konnte es sogar noch von Admiraal selbst gespielt erleben. Als wir zufällig darauf zu sprechen kamen, dass wir beide dieses Stück irgendwann mal machen wollten, hatten sich zwei gesucht und gefunden. Sie sind nicht nur Theaterschauspieler, sondern auch Sprecher. 2008 haben Sie zum Beispiel für die Baumarktkette Hornbach gedreht. Nur zum Geldverdienen oder kann das auch Spaß machen? Das war ein Schulungsfilm für Mitarbeiter, in dem ich allerdings als Schauspieler und nicht als Sprecher auftrete und der tatsächlich sehr herausfordernd war. Ich hatte 1,5 Seiten Fließtext zur Sicherheit von Fenstern authentisch vorzutragen. Grundsätzlich gebe ich bei allem, was ich tue, 100 Prozent. Darunter gehe ich nicht. Als Schauspieler sind auch Aussehen und Stimme Ihr Kapital. Setzt Sie das unter Druck, besonders gesund zu leben? Ich achte auf mich, ja, das muss ich tun. Aber ich bin ja kein Model aus einem Hochglanzprospekt. Langsam werden meine Schläfen grau, worauf ich mich aber schon freue, seit ich ein kleiner Junge war. Als Schauspieler darf man altern und Spuren des Lebens nach außen tragen. Vorverkauf Eintrittskarten gibt es bei den RHEINPFALZ-Servicepunkten und beim RHEINPFALZ-Ticketservice unter der Telefonnummer 0631 37016618.

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