Speyer Hinter neuen Horizonten geht’s weiter

Ungebrochen ist das Publikumsinteresse beim Abschlussabend der Konzertreihe „Kontrapunkte“ am Sonntag im Historischen Ratssaal Speyer gewesen. Die Formel, konventionell gefertigte neuere Stücke mit Kompositionen zu mischen, die neue Horizonte eröffnen, bewährte sich auch beim Konzert des „Trio Sai Gon“ für Flöte, Violine und Klavier.

Diesmal wirkte der künstlerische Leiter der Reihe, Stephan Rahn, selbst am Flügel mit. Nicht leicht war es, sich in das eingangs uraufgeführte Trio „Ichthys“ der Rumänin Violeta Dinescu mit seinen vielfach oszillierenden Figuren und seinen kadenzartigen Soli einzuhören. Unruhige Triller und harte Akzente unterbrachen die Ruhepunkte. In eine fremde Welt taucht die Komponistin ihre Hörer. Vor allem die in allen Spieltechniken versierte Geigerin Anna Theresa Steckel und die drei Flöten einsetzende, flexible Carin Levine hatten alle Hände voll zu tun. Die ebenfalls uraufgeführte Trio-Fantasie des 44-jährigen Ostfriesen Peter Heeren arbeitete mit feinsinnigen Nachklängen auf markante melodische und akkordliche Gebilde. Die dreisätzige neue „Phantasia“ wirkte wie ein stetes Erinnern an zuvor Gehörtes. Unablässig verwandelten sich Motive, so dass sich Heeren als Brahms’ Bruder im Geiste erwies. Im kürzesten Stück des Abends, Franco Donatonis „Ciglio II“ für Geige und Flöte, tasteten sich Steckels Geige und Levines Flöte in minimalistischen Bewegungen aneinander ab wie die Wimpern der Augenlider, die Donatoni hier suggerierte. Der Ideenreichtum hielt sich sogar bei den nur fünf Minuten Dauer in Grenzen – mehr als Etüdencharakter war hier nicht auszumachen. Im traditionell geprägten Konzert-Teil erlebte das Publikum mit Henri Dutilleux’ übergangslos dreisätziger Sonate für Flöte und Klavier von 1943 ein spielfreudiges Werk mit weiträumigen Flötengirlanden, denen Carin Levine expressive Kraft verlieh. Im lebhaften Final-Perpetuum gab Rahn rasant den Ton an. Vitale Musizierkraft verströmte Bohuslaw Martinus Sonate für Flöte, Geige und Klavier von 1936, die sich angeregt durch die Tonarten modulierte. In den lebendigen Scherzo-Satz hat Martinu nach echt tschechischer Art ein liebliches Trio eingebaut. Die agile Anna Theresa Steckel, Carin Levine und Rahn musizierten stimmungsvoll und energisch. Motorische Energie entwickelte auch das abschließende dreisätzige Trio Nino Rotas von 1958 mit einem die drei Instrumente blutvoll umschlingenden Andante. Reicher Beifall der Zuhörer dankte für einen anregenden Abend und eine gehaltvolle Reihe. Durch sie etabliert sich Speyer wieder ein bisschen mehr als Stecknadelkopf auf der Deutschlandkarte der Neuen Musik.

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