Speyer freistoss

Die Fußball-Weltmeisterschaft in Brasilien rückt näher und näher. Und die Speyerer rüsten weiter auf. Mit zwei übernahm die Kleine Gailergasse zumindest vorübergehend die Führung im Straßenwettbewerb Deutschlandfahnen-aus-dem-Fenster hängen. Und die Umlandgemeinden? Sie lassen sich nicht lumpen. In der Dudenhofener Straße im Römerberger Ortsteil Berghausen flattert’s ebenso schwarz-rot-gold wie im äußersten Osten von Heiligenstein beim Fußballverein. Aber dort ist es eigentlich immer so. Und unsere Nachbarländer? Sie holen auf. Die Franzosen hissten die Trikolore an der Stadthalle. Oder hat das was mit den Feierlichkeiten der Städtepartnerschaft mit Chartres zu tun? In einem Büro in einer Nebenstraße der Maximilianstraße kann sich eine Mitarbeiterin offensichtlich gar nicht entscheiden und blickt auf die Flaggen von Belgien und Deutschland, Griechenland und Spanien, Italien, Frankreich und Kroatien. Dann ist der 1. Juni gekommen, und sie dreht das Kalenderblatt, das das Europäische Parlament in Straßburg zeigt, um. Jetzt hat sie die Konrad-Adenauer-Brücke in Brüssel im Rücken. Das Abziehbildchen mit dem Indigenen aus Brasilien, über das wir in der vergangenen Woche an dieser Stelle berichteten, ist mittlerweile abgezogen und klebt in einem anderen großen Wandkalender Ende April, der Capoeira-Tänzer Mitte Mai. Und auch, wenn er es noch nicht richtig sehen kann. Eines der ersten Kleidungsstücke des neugeborenen, keine zwei Wochen alten Jonas im Ostwestfälischen ist ein kleines Deutschland-Trikot mit der Nummer 7, ob die nun Mesut Özil oder wer auch immer trägt – zugeschickt von der Omi aus Speyer. Erst hielt Sascha Weick für den Fußballverein Dudenhofen jahrlang die Knochen als Aktiver hin. Dann unterstützte er Trainer Christian Schultz als Assistent. Jetzt hat er für die erfolgreichen D-Juniorinnen des JFV Ganerb 12 den Kontakt zur Presse hergestellt, auf die ungeschlagene Saison mit einem gigantischen Torverhältnis verwiesen und einen Fototermin vereinbart. Und Sascha Weick blieb am Ball. Weil zwei der Mädchen auch noch bei den Jungs auf Torejagd gehen, bat er in einem weiteren Telefonat um eine geringfügige Verschiebung des Fototermins, damit die Mädels nicht den Anpfiff ihrer anderen Mannschaft verpassen. Die Mädels haben sich in Schale geschmissen, die Trikots übergestreift, ihre Fahne ausgebreitet, die Meisterschafts-Urkunde, ihre Trainer und Betreuer mitgebracht. Das Foto ist geschossen. Noch einmal greift Weick zum Telefon, um wie vereinbart Wissenswertes zur Erfolgstruppe, die demnächst auf Abschlussfahrt mit Turnier ins österreichische Klagenfurt aufbricht, zu übermitteln. „Rufen Sie mich ruhig nach dem Turnier an, wie’s ausgegangen ist“, sagen wir noch. „Ja, mach’ ich“, entgegnet Weick: „Aber das mit dem Sie lassen wir. Ich bin der Sascha“, entgegnet er. Wir haben den ersten neuen Duzfreund an diesem Tag. Heinz Fischer ist seit über einem Vierteljahrhundert Volleyball-Abteilungsleiter beim TSV Speyer. Fast genauso lang ist er mit dem Sportredakteur der Speyerer Rundschau der RHEINPFALZ bekannt. Turniere, Punktspiele, Aufstiegsrunden, immer wieder liefen sich die beiden über den Weg. Schulsport am Schifferstadter Paul-von-Denis-Gymnasium, Trainerfrage der ersten TSV-Mannschaft, aktuelle Informationen zur beim TSV Speyer groß gewordenen Weltklasse-Beachvolleyballerin Britta Büthe, die Telefonleitungen glühten, die E-Mail flutschten hin und her. Manches Mal rettete uns Abteilungsleiter Fischer aus höchster Not mit Einzelheiten, wenn gar kein Trainer oder Spieler den Telefonhörer abnahm oder das Handy aus der Hosentasche zog. So geschah es auch dieser Tage, als der frühere Beach-Star Markus Dieckmann anlässlich eines Trainerlehrgangs in Speyer weilte. Wieder vermittelte Fischer den Kontakt zwecks Berichterstattung zu den Verantwortlichen. Und plötzlich kam’s unvermittelt wie ein Mittelangriff: „Wir sagen aber du. Ich bin der Heinz.“ Der unwesentlich Jüngere nahm das Angebot natürlich an und freute sich über den zweiten Duzfreund an diesem Tag – keine schlechte Quote.

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