Speyer Eröffnung des Gitarrensommers

In Speyer: Friedemann Wuttke (links) und Lysandre Donoso.
In Speyer: Friedemann Wuttke (links) und Lysandre Donoso.

Mit einer spannenden Kombination von Konzertgitarre und Bandoneon begann der 27. Speyerer Gitarrensommer. Schwerpunkt war Musik von Astor Piazzolla.

Das Zusammenspiel von Bandoneon und Gitarre gibt es in größeren Tango-Ensembles, in der Form eines Duos ist das etwas sehr Seltenes. Und so erklärt sich auch, dass Bandoneonist Lysandre Donoso die Werke Piazzollas für diese Besetzung arrangiert hat. Darunter auch solche, die ursprünglich für Orchester geschrieben waren. Donoso sollte schon 2022 mit Friedemann Wuttke auftreten, musste wegen Krankheit kurzfristig absagen, so dass Wuttke ein Solokonzert spielte. Das trug sicher dazu bei, dass das Auftaktkonzert des Gitarrensommers gut besucht war. Donoso gilt als großer Piazzolla Experte, Wuttke ist ein studierter Klassik-Gitarrist.

Die Kombination von klassischen Stücken barocker Meister mit Piazzollas Tangomusik und Arrangements kommt nicht von ungefähr: Piazzolla war ein großer Verehrer der alten Meister. Er ging nach Paris, um bei Nadia Boulanger Komposition zu studieren. Nicht nur verschwieg er ihr, dass das Bandoneon sein Hauptinstrument ist – er bemühte sich auch sehr, „klassische“ Musik nach den Regeln der Kunst zu komponieren. Seine Lehrerin war nicht recht zufrieden. Als sie ihn auf dem Klavier eigenen Tango spielen hörte, ging ihr ein Licht auf und Piazzolla bekam einen Anpfiff: „Du Idiot! Merkst Du nicht, dass das der wahre Piazzolla ist?“. So soll sie ihn angeraunzt haben und empfohlen haben, seine bemüht klassischen Kompositionen alle zu verbrennen. Einmal mehr war es der großen Musikpädagogin gelungen, ein verborgenes Talent zu befreien.

Wechselnde Führung

Bandoneonist Donoso geht gleichsam den umgekehrten Weg, wenn er barocke Kompositionen für Bandoneon und Gitarre arrangiert. Vivaldis Largo aus dem Lautenkonzert D-Dur beginnt die Gitarre, das Bandoneon übernimmt den Part des Orchesters.

Es gibt an diesem Abend öfter wechselnde Führung zwischen Gitarre und Bandoneon. Der heikelste Punkt ist bei allen Arrangements die naturgegebene große Dynamik und Durchsetzungsfähigkeit des Bandoneons. Die Gitarre hat dagegen einen vergleichsweise schmalen Dynamikbereich und die gezupften Töne verklingen schnell, im Gegensatz zum buchstäblich langen Atem des Bandoneons mit seinem Luftbalg. Meistens hat die Abstimmung aber gut geklappt. Wuttke hat auch kräftig gezupft und hörbar starken Ton produziert. Mit seiner Klangformung hat er sich beim Zupfen näher Richtung Steg bewegt und damit stärker akzentuierte Klänge der Gitarre entlockt. Wenn das Bandoneon sehr dichte, farbige Akkorde hielt, tat sich die Gitarre manchmal schwer, sich da auf Augenhöhe zu behaupten.

Berühmter Tango

Die zweite Hälfte war eine Suite aus fünf Piazzolla Kompositionen, die besonders eindrucksvoll waren. Im Mittelpunkt standen lyrische Linien des Bandoneons, Einzelnoten und enorm ausdrucksvoll, die Gitarre hatte hier öfter begleitende Funktion mit akkordischem Spiel. Ein bisschen schade war, dass die Musiker ihr Programm bis auf die Zugaben wortlos durchzogen. Bei der Suite wäre ein Hinweis hilfreich gewesen, dass die Stücke im Kontext ohne Zwischenapplaus gespielt werden. So klatschte die Hälfte des Publikums unsicher, die Musiker machten aber auch nicht klar, wie sie den Ablauf gerne hätten.

Sehr eindeutig war dagegen der Applaus zum Schluss: Das Publikum war hoch begeistert – mit Recht. Die erste von zwei Zugaben war der berühmte Tango „Oblivion“, auch in einem eigenen Arrangement.

Der Gitarrensommer geht morgen weiter um 20 Uhr mit Fingerstyle Meister Jacques Stotzem.

x