Speyer Costa Ricaner sparen zwei Jahre für ihren Traum

„England, was war denn das?“ Treffender als dieser brasilianische Fußballfan (mit England-Trikot), der mir am Stadionausgang in die Arme stolperte, hätte ich auch nicht zusammenfassen können, was mir da gerade widerfahren war. Ich rede über die Weltmeisterschafts-Begegnung zwischen Costa Rica und England in Belo Horizonte – jenes Spiel, für das ich am Tag der Ticketausgabe mit meinem eigenen Blut unterschrieben hätte, dass es die spannendste Vorrundenpartie würde, die ich bei dieser WM live im Stadion verfolge. Der Fußballgott wollte es aber so, dass Costa Rica schon vor Anpfiff dieser Partie sicher im Achtelfinale stand, zudem fast ebenso sicher den ersten Platz belegte und England am zweiten Spieltag auf dem Sofa die Segel streckte. Aber ein Fußballfest, in einem Spiel, in dem es um nicht mehr ganz so viel geht, wird man doch wohl noch gemeinsam feiern dürfen. Nein, weit gefehlt, niemals mit den Engländern. Merken Sie sich das. Der Tritt in die Magengrube kam schon mit dem Aufleuchten der Aufstellungen auf der Anzeige: Kein Wayne Rooney, kein Steven Gerrard, kein Danny Welbeck. Auf dem Platz tat sich entsprechend nichts. Costa Rica hatte schon vorher alle Kritiker eines Besseren belehrt und musste auch nichts mehr beweisen. Auf den Rängen ist die Stimmung trotzdem gut – noch: in der Kurve links von mir ein Pulk Engländer, in der rechten die Anhänger Costa Ricas. Dazwischen ist das Publikum bunt gemischt. Die La Ola schwappt durch das Stadion. Keine Reaktion im englischen Block. Die Welle geht trotzdem weiter. Alle anderen machen mit. Vielleicht haben die Engländer einfach gerade nicht aufgepasst. Nächster Versuch: „Ohhhhhhhheeey“. Wieder stockt die Welle im englischen Block. Die Hitze, der Alkohol? Okay, einmal noch: „Ohhhhhhhheeey.“ Schon wieder keine Reaktion. Die Engländer bekommen das, was sie verdienen: Pfiffe. „E-li-mi-na-do, E-li-mi-na-do.“ Das heißt ausgeschieden auf Spanisch. In der Halbzeitpause unterhalte ich mit einigen Costa Ricanern, die sich selbst als Ticos bezeichnen. Ich höre von zweien, die für ihren WM-Traum zwei Jahre lang eisern gespart haben. „Für mich ist heute schon Schluss“, sagt der eine traurig. Sein Kumpel fährt noch nach Recife zum Achtelfinale von Costa Rica. Dann kann auch er seinem Team nicht mehr helfen, falls es weiterkommt: „Zu teuer“. Das tut mir weh. Ein anständiges Völkchen scheinen sie zu sein, diese Ticos. In der zweiten Halbzeit kommen dann doch noch Rooney und Gerrard – zu spät. Nach dem Spiel laufen sie gemeinsam mit ihren Team-Kollegen in die Kurve, um sich bei ihren trotzigen Fans zu bedanken, immerhin. Ich halte noch kurz inne. Wer weiß, wann ich wieder ein englisches Fußball-Team bei einem großen Turnier sehen werde.

x