Speyer Beständigkeit für das Flüchtige

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„Disziplin und Durchhaltevermögen“ erfordere das Leben als Künstlerin, sagt Denise Winter. Sie wurde in Berlin geboren, und dort war auch ihr erstes Atelier – das ist die Schnittstelle mit Hans Purrmann. Inzwischen arbeitet sie als Bildhauerin vor allem in Köln und ist für den Hans-Purrmann-Förderpreis nominiert.

„Kunst hat keine Aufgabe“, sagt Winter. Aber die Menschen könnten durch Kunst Erfahrungen über sich selbst gewinnen. Ihre Umgebung analysieren. Und sich in diesen Erfahrungen selbst reflektieren. Winters Kunst erschließt sich nicht sofort. Es geht nicht um Ölgemälde mit Figuren, sondern um Raum, Landschaft, Silhouetten, Perspektive und Material. „Ich bin Bildhauerin und arbeite mit Aluminium, Holzfaserplatten oder Rohspan, neuerdings auch mit Acrylglas und dem Acrylstein Corian“, erklärt sie. Werke aus diesen Materialien sollen in der Ausstellung zum Wettbewerb in Speyer zu sehen sein. Papier, Dia- und Videoinstallationen sowie Choreographien für Tanz-Performances gehören ebenfalls zu ihrem Werk. Auf ihrer Internetseite im Menü „Arbeiten“ stechen vor allem große Skulpturen aus gerolltem Aluminium hervor. Als Vorlagen für die stehenden und liegenden Objekte dienten Fotografien von Architekturen, die Denise Winter (Jahrgang 1983) mit der Lochbildkamera angefertigt hat. „Zeit spielt hier eine große Rolle und das, was der Fotografie per se innewohnt: die Aufnahme eines kurzen Moments, eines Schattens“, erklärt Winter. Den flüchtigen und immateriellen Dingen gebe sie Material, Beständigkeit, Konkretheit. Viele ihrer Fotoarbeiten zeigen Detailaufnahmen von Ecksituationen, Treppenhäusern oder Fensterfronten. Die Künstlerin möchte den Blick des Betrachters auf das lenken, was selten im Fokus steht. Die Herausforderung sei, dass Fotografie Zeit nur über eine Serie wiedergeben könne, erklärt Winter. Die Aluminiumskulpturen mit den Titel „flur_ansicht01“ und „flur_ansicht02“ haben zwei kurz nacheinander aufgenommene Fotografien als Vorlage, auf denen Fluransichten zu sehen sind. „Sie wurden zunächst gezeichnet, ins Material per CNC-Fräse übertragen und dann per Hand eingerollt“, erläutert die gebürtige Berlinerin. Fotografien werden so zu Formengeneratoren, wobei der Ausgangspunkt immer noch die fotografierten Landschaften sind. Wofür würde sie das Preisgeld nutzen? „Ich arbeite gerade an einer umfassenden und aufwendigen performativen ,Klangskulptur’“, erzählt sie. Von den 6000 Euro könne sie in der Arbeitsphase gut leben und müsse nicht nebenbei jobben. Außerdem fielen auch Materialkosten an. Große Aufträge für Unternehmen und Institutionen klappten eher selten. Eine große Arbeit von Denise Winter hängt im Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Berlin. Auf ihren Besuch in der Domstadt freut sie sich: „Ich kenne Speyer noch nicht, aber ich freue mich auf den Dialekt. Ich hören gerne zu, wenn Menschen mit Dialekt reden.“

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