Speyer Alternative für die Alternative

Die „Alternative für Deutschland“ (AfD) ist für zahlreiche Speyerer Jugendliche keine Alternative. Das haben rund 30 von ihnen vor wenigen Tagen im zweiten „Domhof“-Obergeschoss eindrucksvoll demonstriert. Mit Konfetti sind Teens und Twens gegen AfD-Populismus vorgegangen. Dafür wurden sie aus dem Saal entfernt und erhielten vor dem Veranstaltungsort Platzverweise von der Speyerer Polizei. Junge Speyerer in Anzug und Krawatte beziehungsweise Rock und Bluse, den bunten Schopf unter Hut oder Mütze gebändigt, sitzen zwischen rund 80 AfD-Anhängern und einem stadtbekannten Neonazi. „Die Kleiderfrage war schwierig“, berichtet ein Mädchen nach der Veranstaltung von elterlichen Leihgaben, die das Wohlwollen der Speyerer AfDler hervorrufen. Skeptisch bleiben dagegen die reichlich georderten, an den Türen und im Saal verteilten Sicherheitsleute. Sie lassen ihnen unbekannte Jugendliche und Erwachsene nicht aus den Augen. Beklommenheitsgefühle verstärken sich derweil mit jedem Satz bei AfD-Bundesvorstandssprecherin Frauke Petry und dem AfD-Europaabgeordneten Marcus Pretzell. Für jeden Halbsatz erhält Petry nämlich demonstrativ auffallend frenetischen Beifall von der Speyerer Jugend. Einer fragt, warum der stadtbekannte Neonazi zu der Veranstaltung zugelassen sei – und fliegt auf der Stelle raus. Mit ihm „begleiten“ die Männer für die Sicherheit drei weitere Jugendliche aus dem Saal zur Treppe nach unten. Auf ihrem unfreiwilligen Weg verteilen die vier Konfetti über den AfD-Köpfen im Saal. Partei-Anhänger fotografieren jetzt jedes Gesicht, das sie als kritisch einstufen. „Wären die linken Gymnasiasten in der Lage, sich wie normale Menschen zu benehmen, bräuchte man keine Security“, erklärt AfD-Anhängerin Ruth Kappesser einen Tag später in einem Internet-Forum die Aktion, die sich am Abend der Veranstaltung mehrfach wiederholen soll. Er gehöre sowieso nach Sibirien, ruft ein Anhänger der „Alternative für Deutschland“ einem Demokratieverfechter zu. Nur mit Mühe hat seine Sitznachbarin den AfDler zuvor daran gehindert, den Jugendlichen zu schlagen. Pretzell erklärt das Vorgehen so: „Nicht stubenreine Hunde nimmt man ja auch nicht mit zu solchen Veranstaltungen.“ Und überhaupt müssen Kinder laut Petry wieder Respekt lernen, Extreme auf beiden Seiten bekämpft und die Sorgen von „Pegida“ ernst genommen werden. Der stadtbekannte Neonazi darf bleiben. Die Speyerer Jugendlichen können stolz auf den Mut und die Zivilcourage sein, mit der sie bei dieser Gelegenheit deutlich und auf ironische Weise rechtem Populismus entgegengetreten sind. Ihre Sorgen um die politische Zukunft unseres Landes haben sie mit Argumenten vorgetragen und mit Konfetti für gewaltlosen Widerstand geworben. Sie sind eben nicht die linken Steinewerfer, für die Erwachsene sie durchaus manchmal halten. 30 junge Speyerer haben ein Zeichen gesetzt. Auch für uns Erwachsene. Alternativlos.

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