Pirmasens Passionierte Plätzchenbäckerin in Kanada

91-92391961.jpg

Während vielerorts die Menschen nach dem zweiten Advent schon in den Weihnachtsvorbereitungen mit Geschenke kaufen und Plätzchen backen stecken, steht bei Schwimmerin Marlene Hüther erst noch anderes auf dem (Wunsch-) Zettel: Die 18-jährige Südwestpfälzerin startet im kanadischen Windsor bei der Kurzbahn-Weltmeisterschaft für das kleine, zwölfköpfige deutsche Team. Die Dietrichingerin muss ihr geliebtes Plätzchen backen also vorerst aufschieben. Obwohl: „ Ich hab’ vor zwei, drei Wochen ja schon mit meiner besten Freundin zusammen gebacken.“ Die große Küchenmaschine, die sie zu ihrem 18. Geburtstag im August geschenkt bekam, ist also ordentlich in Gebrauch – und sicher vor Weihnachten noch mal. Seit sie 18 Jahre alt ist, kann sie ja alleine Auto fahren und ist jetzt schneller mal auf einen Sprung zu Hause. Am Sonntag hob Hüther, die im Internat an der Hermann-Neuberger-Sportschule in Saarbrücken wohnt, mit dem deutschen Team um Bundestrainer Henning Lambertz von Frankfurt am Main ab: acht Stunden Direktflug nach Detroit/USA, Windsor liegt als südlichste Stadt Kanadas gleich gegenüber südlich des großen Huron-Sees. „Papa schaut immer nach, wo das ist und sagt mir dann Bescheid“, erzählt Hüther lachend, dass sie nicht immer ganz genau wisse, wo sie hinfliegt. Nach der Kurzbahn-WM in Katar 2014, der Langbahn-WM in Russland und der Kurzbahn-Europameisterschaft in Israel (beide 2015) ist es ihr viertes internationales Großereignis, seit sie den Juniorinnenbereich verlassen hat. In Windsor soll sie am Samstag in der Staffel über 4x200 Meter Freistil zum Einsatz kommen. Marlene Hüther freut sich nach der verpassten Qualifikation für die Olympischen Spiele in Rio auf die Kurzbahn-WM. „Runtergezogen hat mich das zwar nicht. Aber das um ein Zehntel zu verpassen, hat mich schon geärgert. Klar, sonst wäre ich ja auch nicht Leistungssportlerin“, erklärt sie. Die für die SSG Saar Max Ritter startende Südwestpfälzerin will sehen, wie sie sich nun leistungsmäßig weiterentwickelt, und hat die Olympischen Spiele 2020 in Tokio als Fernziel vor Augen. „Die Kurzbahn-WM ist für sie sicher auch Motivation, in der Saison noch weiter Gas zu geben“, merkt Hannes Vitense an. Vitense ist nach dem Weggang ihres langjährigen Coachs Ralf Steffen seit Sommer ihr neuer Trainer im Saar-Landesverband. Er ist in Kanada nicht dabei, „aber wir sind über Whatsapp in Kotakt“, berichtet Hüther. „Es ist ganz anders, aber es klappt gut“, beurteilt sie die neue Zusammenarbeit. Steffen sei analytischer, kritischer gewesen, Vitense sei lockerer, setze viel auf Eigenverantwortung und ihm sei der Teamgedanke wichtig. Im Training (55 Kilometer im Schnitt pro Woche) habe zuletzt vor allem die Technik auf dem Plan gestanden: Wenden, Unterwasserphase, Kicken. „Hannes hat jetzt den Kick-Standard eingeführt: Nach der Wende muss ich auf einer bestimmten Meterzahl fünf bis sieben Beinkicks ausführen“, erklärt Hüther. „Das machen wir so lange, bis es nicht mehr so anstrengend ist. Ich merke schon einen Fortschritt, aber bei der deutschen Meisterschaft ist mir auf den letzten Metern doch deutlich die Luft weggeblieben.“ Über 200 Meter Freistil war sie zum Beispiel bei 180 Metern noch in Führung. Neben Leistungsschwimmen steht im Jahr 2017 aber noch eine andere Leistung an: Die Schülerin der Klasse 13 des Saarbrücker Rotenbühl-Gymnasiums will ihr Abitur ablegen. In Englisch, Deutsch und Kunst muss sie schriftlich ran. Und danach? „Ich möchte gerne zur Sportfördergruppe der Bundeswehr und was studieren, was mit Medien oder Kunst zu tun hat“, blickt die C-Kader-Athletin des Deutschen Schwimm-Verbandes (DSV) voraus. Sie weiß, dass das schwierig wird: „Für die Bundeswehr muss man dem B-Kader angehören, und dafür wurden die Normzeiten gerade angehoben.“ Und dem künftigen Olympia-Kader gehören wohl auch nur 25 Schwimmer an. Einen Standortwechsel kann sie sich grundsätzlich vorstellen, „aber ich würde schon gerne in Saarbrücken bleiben“, sagt sie. Universität, Mensa, Schwimmhalle, Wohnheim – „hier ist eben alles an einem Fleck“. Die Kurzbahn-WM jetzt ist für Marlene Hüther ein kleiner Blindflug: „Man weiß nie genau, wer am Ende eines Olympiajahrs dort noch startet.“ Laut Trainer Vitense sollte sie in Kanada in der Lage sein, ihre Zeit der deutschen Meisterschaft über 200 Meter Freistil (1:58,8 Minute) zu bestätigen, vielleicht eine kleine Schippe draufzulegen. So sieht das auch Hüther selbst, „ich will aber vor allem mein eigenes Rennen schwimmen“. Am 12. Dezember geht’s dann wieder nach Deutschland – und nach Dietrichingen im Hornbachtal, die nächsten Plätzchen backen.

91-92390369.jpg
x