Pirmasens „Ich gehe auf die Bühne, um zu unterhalten“

Vor drei Jahren war Sebastian Pufpaff schon einmal in Pirmasens zu Gast. Damals als Teil des „Bundeskabaretts“ im Parkkino. Die Kritiken damals waren glänzend. Mit „Warum!“ hat der Kabarettist aus Troisdorf nun sein erstes Soloprogramm am Start, das er am Sonntag, 1. Juni, 20 Uhr, im Rahmen des Pirmasenser Sommerprogramms in der Alten Post vorstellt. Darüber sprach RHEINPFALZ-Redakteur Christian Hanelt mit Sebastian Pufpaff.

Als Kabarettist leben Sie vorwiegend von den Live-Auftritten. Wie viele Tage sind sie im Jahr dafür unterwegs?

Mit Fernsehen sind es an die 150 Auftritte im Jahr. Was machen Sie die restlichen 200 Tage? Da versuche ich kreativ aufzutanken. Kabarettisten und Komiker arbeiten wie Skiliftbetreiber. Wenn das Wetter zu schön ist, kommen die Leute nicht. Unsere Saison geht so ähnlich wie die in den Alpen – fängt Ende September an und geht, wenn es kalt genug bleibt, bis April, Mai, Juni – wenn allerdings eine WM ist, dann hat man auch den Juni schon frei. Denn dann spielt man gegen Public Viewing und eine Grillwurst. Da ist schwierig, die Leute in ein dunkles Theater zu locken. Dann bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als auch Fußball zu sehen? Das ist nicht so dramatisch. Ich sehe mir das ja auch gerne an. Letztes Jahr durfte ich in Hamburg während des Champions-League-Finales auftreten. Da waren drei Tage vorher erst 30 Karten verkauft. Meistens ist es dann so, dass die Damen im Saal die Karten gekauft haben. Die Männer sitzen dann grummelig daneben, weil sie halt mit müssen. Das ist schon recht witzig, wenn man von der Bühne in die Gesichter blickt und sieht, wer freiwillig und wer unfreiwillig da ist. Wer stellt die Mehrheit im Publikum – die Frauen oder die Männer? Bei mir ist es wirklich halb-halb. Ich habe schon viele Frauen im Publikum – aber es ist nicht dieses Boygroup-Publikum, nur weil ich mal das Label des George Clooney des Kabaretts abbekommen habe. Und bei mir ist die Altersstruktur total heterogen. Zu mir kommen Elfjährige, aber auch 85-Jährige. Gibt es in Deutschland ein Humorgefälle? Das gibt es in jedem Fall – aber das ist gar nicht qualitativ zu bewerten. In Hamburg hat man zum Beispiel ein anderes Tempo, eine andere Art und Weise, wie das Publikum rezipiert und reagiert. Da gibt es tatsächlich Unterschiede zu Berlin, München oder anderswo. Und das ist wirklich spannend. Ich war vor kurzem in Augsburg – und da war das Publikum eher zurückhaltend, abwartend, um dann hinterher beim Schlussapplaus ganz wild zu klatschen. Einen Tag zuvor war ich in Stuttgart und das hat mich dagegen eher an eine Festzeltatmosphäre erinnert. Da war das Publikum sofort mit dabei. Aber das kann jetzt auch an den jeweiligen Spielstätten gelegen haben, da kommt immer einiges zusammen. Und in Nordrhein-Westfalen weiß ich, dass da wesentlich schneller gelacht wird – was nicht heißt, dass es da besser ist. Ist Ihnen Ihr origineller Name eher von Vorteil oder von Nachteil? Sie bauen ihn ja auch immer wieder in Ihr Programm ein. Von Vorteil – weil man mit dem Namen Pufpaff weniger in Vergessenheit gerät. Ich habe einige Semester Jura studiert – und ich glaube, als Jurist wäre es mit dem Namen Pufpaff schon eine andere Nummer gewesen. Ihr Kollege Max Uthoff ist auch Jurist. Wie passt das zusammen, einerseits ein vermeintlich trockenes Fach wie die Rechtswissenschaft zu studieren und dann als Komödiant aufzutreten? Bei dem Kollegen Uthoff kann ich mir vorstellen, dass es ihm gegangen ist wie mir. Wir haben angefangen Jura zu studieren, weil wir gerechtigkeitsliebende Menschen sind. Dann aber desillusioniert wurden, weil wir gemerkt haben, dass man als Jurist nicht unbedingt der Gerechtigkeitsbringer ist. Und da entscheidet man sich gegebenenfalls für eine Alternative und geht entweder zu den Medien, als der vierten Gewalt im Staat, oder zum Kabarett, als der fünften Gewalt. Und mittlerweile sind wir als Kabarettisten noch unabhängiger als so manche Medien. Wie unabhängig sind Sie tatsächlich – die vierte Gewalt kann Ihnen ab und zu doch in die Quere kommen und Sie aus dem Programm nehmen. Beispiele wie „Scheibenwischer“ gab es ja schon einige. Es ist schon ein gewisses Miteinander. Medien versuchen zu informieren, Kabarettisten versuchen zu informieren. Und es gibt sicher auch schon korrumpierte Kabarettisten, die mit einer Breitling am Handgelenk auf der Bühne steht und in einen Range Rover steigen, nachdem sie vorher eine Stunde lang über den Werteverfall in der Gesellschaft polemisiert haben. Diese Kollegen sind schon Opfer des Lobbyismus und des Kapitalismus geworden. Also ich habe für mich noch den Anspruch, dass ich gerne unterhalte und auch eine Nachricht überbringen möchte. Sollte ich in fünf Jahren als total eitler Fatzke nur noch behangen mit Statussymbolen durch die Gegend wandeln – dann tun Sie mir bitte den Gefallen und schreiben die schlimmsten Artikel über mich. Insoweit ist es auch okay, wenn sich Medien und Kabarettisten gegenseitig kontrollieren. Sie haben laut Ihrer Biografie viel durch ihre Tätigkeit bei RTL über das Fernsehen gelernt – und jetzt treten Sie trotzdem im Fernsehen auf. Passt das zusammen? Das ist ja das Witzige – man kann das Fernsehen ja durchaus als Sprungbrett oder als Transportmittel für sich nutzen. Als Kabarettist überhöht man ja satirisch und ironisch die Zusammenhänge. Aber wenn ich auf der Bühne stehe und sagen würde, ich sehe kein Fernsehen, dann wäre das so was von gelogen. Also wenn ich auf der Bühne stehe und über Religion und die katholische Kirche herziehe – dann sage ich auch, dass ich nicht in der Kirche bin und ich zu dem stehe, was ich sage. Und auch wenn ich über Facebook schimpfe, sage ich aber auch, dass es eine Chance und im Endeffekt ein Kommunikationsmittel ist genauso wie Youtube, dank derer einige Missstände in unserer Gesellschaft aufgedeckt wurden. Diese Seite darf man nicht verkennen. Genauso ist es ja auch beim Fernsehen. Wir lassen uns davon gerne bedudeln, trotzdem muss ich „Bauer sucht Frau“ nicht gutheißen, nur weil ich bei 3sat eine Show moderiere. Manche Kollegen glänzen durch permanente Fernseh-Präsenz. Halten Sie sich da bewusst etwas zurück? Ich möchte das so halten wie mit Omas Kartoffelsalat. Mach’ lieber zu wenig als zu viel, denn dann mögen die Leute mehr davon. Für mich gibt es dieses Problem noch nicht – dafür bin ich noch zu unbekannt. Ich werde aber auf jeden Fall sehr genau darauf achten, was ich mache, wo ich es mache und wie ich es mache. Ich habe zum Beispiel eineinhalb Jahre überlegt, ob ich überhaupt bei „TV Total“ auftreten sollte. Ich habe aber im vergangenen halben Jahr festgestellt, dass ich vermehrt Zuschauer im Alter von 15 bis 25 habe und die haben schon gefragt, warum ich da nicht auftrete. Und das stimmt auch, warum sollte ich diese Leute aufgeben. Ich kann doch nicht sagen, ich behalte mich den intellektuell Vorderen vor, mache jetzt Arte und schimpfe über die Jugendlichen. Deshalb habe ich auch beschlossen, zu „TV Total“ zu gehen und werde im September auch gleich noch einmal dort sein. Meine Fernsehauftritte beschränken sich jetzt auf etwa 15 im Jahr – zehn sind meine eigene Sendung und fünf Gastspiele bei „Mitternachtsspitzen“ oder „Satire Gipfel“ oder mal eine Talkshow wie Markus Lanz. Sie haben einen Comedy-Workshop in Köln besucht. Kann man Comedy und Kabarett tatsächlich lernen? Nein – wirklich nicht. Das habe ich damals zusammen mit einem Freund festgestellt. Und wir sind stinkesauer aus diesem Workshop wieder raus. Es gibt eine Art Grundwerkzeug, das heißt Zuhören, ein gutes Timing haben und die Pointe erst am Schluss eines Satzes setzen und nicht schon an den Anfang. Und dann gibt es noch solche Regeln wie „nur weil es dir gefällt, heißt es noch lange nicht, dass es dem Publikum gefällt“ und „erzähle einen Witz nie zweimal“. Das kann man mit Sicherheit lernen. Aber das ist keine 200 Euro für einen Workshop wert. Mit Ihrem Programm „Warum!“ sind Sie seit 2011 unterwegs. Hat es sich seither verändert? Ja. Total. Das hat schon etwas Evolutionshaftes. Das Programm, so wie ich es jetzt spiele, hat nichts mehr mit dem Ur-Programm zu tun, das im Januar 2011 Premiere hatte. Es sind – glaube ich – noch zwei Gags von Beginn an drin. Mehr nicht. Gibt es für Sie Tabus? Meine Tabus liegen im Rahmen der Grundrechte. Ich darf zum Beispiel nicht die Würde eines Menschen verletzen. Ansonsten darf es keine Tabus geben. Ich bin ein Unterhalter, dementsprechend gehe ich auf die Bühne, um zu unterhalten. Dabei möchte ich keinen vor den Kopf stoßen. Wenn ich Witze über sterbende Kinder machen würde, wäre damit auch keinem geholfen. Die Leute zahlen dafür, unterhalten zu werden. Und man muss als Kabarettist einsehen, wenn man schon Leute live begeistern will, dann sollten sie auch tatsächlich begeistert werden. Der Moralist darf nicht den Großteil des Abends bestreiten. Es sei denn, sie sind so Größen wie Georg Schramm, der darf auch mal eine Stunde lang die Leviten lesen. Aber bis ich soweit bin, müssen Sie mir noch drei, vier Jahre geben.

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