Pirmasens „Er wollte mich töten“

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Seit gestern sitzt ein 44-jähriger Mann bei der Großen Strafkammer beim Landgericht Zweibrücken auf der Anklagebank. Der Staatsanwalt klagt ihn an, am 5. August 2014, morgens um 6.55 Uhr, auf seine von ihm getrennt lebende Ehefrau in Tötungsabsicht mit dem Küchenmesser eingestochen zu haben.


Die Staatsanwaltschaft beschuldigt den Mann, er habe seiner Frau auf dem Parkplatz der Firma Peter Kaiser aufgelauert, als diese ihr Auto an ihrem Arbeitsplatz abstellen wollte. Durch das etwa 20 Zentimeter geöffnete Fenster auf der Fahrerseite habe er auf die Frau eingestochen, die Scheibe zertrümmert und ihr zwei weitere Stichverletzungen zugefügt. Arbeitskollegen seien darauf aufmerksam geworden und hätten den Angeklagten weggezogen. Der Staatsanwalt geht von versuchtem Totschlag und gefährlicher Körperverletzung aus. Äußerlich gelassen hörte sich der Angeklagte neben seinem Verteidiger Walter Höh sitzend die Worte des Anklägers an. Er sagte zu seiner Person aus. Zum Tatvorwurf wollte er sich nicht äußern. Der 44-Jährige schilderte, dass er vor über 20 Jahren aus Kirgisien nach Deutschland kam. Er habe hier mit seiner Ehefrau ein Haus gebaut und zwei Kinder großgezogen. Er habe über 20 Jahre bei Peter Kaiser in Pirmasens gearbeitet und sich dann als Arbeiter nach Kaiserslautern orientiert. Die Ehefrau tritt als Nebenklägerin auf. Sie sagte gestern als Zeugin aus. Behutsam tastete sich die Vorsitzende Richterin bei ihren Fragen an die Zeugin in das gemeinsame Leben der beiden Eheleute vor. Die Ehefrau wirkte bei ihren Antworten ziemlich gelassen. Das Eheleben sei in den letzten Jahren durch hohen Alkoholkonsum des Ehemannes geprägt gewesen. Das habe sich so gesteigert, dass er fast täglich eine Flasche Wodka getrunken habe. „Eine Woche war er voll – eine Woche war er nüchtern“, schilderte sie. Hinzu sei noch seine Eifersucht gekommen, weil sie vor ihrer Ehe einmal ein Verhältnis hatte. Sie habe ihn zur Rede gestellt und klar signalisiert, dass sie sich scheiden lasse, wenn er sich nicht ändere. „Es hat sich nichts geändert“, sagte sie. Danach sei es wiederholt zu heftigen Streitigkeiten gekommen, in deren Verlauf sie die Polizei in Anspruch genommen und ihren Ehemann angezeigt habe. Durch das Amtsgericht Pirmasens sei ein Kontaktverbot erlassen worden, wie die Richterin aus den Akten vorlas. Ihm sei auferlegt worden, sich von ihrer Wohnung 50 Meter fernzuhalten. Die Ehe sei so zerrüttet gewesen, dass sie zu ihren Eltern zog und die Scheidung eingereicht habe, schilderte die Frau. Zu dem Messerangriff an jenem frühen Morgen im August sagte die Zeugin aus. „Ich wusste, dass er in der Nacht nicht nüchtern war“, sagte sie. Das habe sie an den SMS gesehen, die er ihr in der Nacht meist in russischer Sprache geschickt habe. An dem Morgen sei er auf dem Parkplatz von rechts auf ihr Auto zugekommen. „Er kam auf mich zu, ich sah, dass er besoffen war“, so die Zeugin. „Ich habe in der Aufregung den falschen Fensterknopf gedrückt“, fuhr sie fort. Die rechte Scheibe auf der Fahrerseite habe sich etwa 20 Zentimeter geöffnet. „Er fing an zu stechen und traf mich am Anfang in die Brust“, sagte sie. Danach habe er die Scheibe zertrümmert und sie mit dem Messer am Bein getroffen. Sie habe sich auf den Beifahrersitz geschoben, nach ihm getreten und laut um Hilfe geschrien. Ein Arbeitskollege sei hinzugeeilt und habe ihren Mann weggeschoben. „Ich habe aus dem Auto geschrien, sie sollen ihn nicht laufen lassen, bis die Polizei kommt.“ Neun Tage war sie im Krankenhaus. Heute leide sie noch unter Alpträumen und sei in psychologischer Behandlung, antwortete sie dem Gericht. „Er wollte mich mit dem Messer töten“, sagte sie. Der Prozess wird am 11. Februar fortgesetzt. (wuk)

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