Politik Demos gegen rechts: 10.000 in Mainz, 150.000 in Berlin

Die Demonstration spielte sich unter anderem in Sichtweite des Bundestags ab.
Die Demonstration spielte sich unter anderem in Sichtweite des Bundestags ab.

Mehrere Tausend Menschen sind am Samstag in Rheinland-Pfalz gegen rechts auf die Straße gegangen. In Mainz demonstrierten laut Polizei etwa 10.000 Menschen unter dem Motto „Demokratie schützen – Rechtsextreme stoppen“.

Potsdam habe Millionen von Menschen in Deutschland die Augen geöffnet, sagte die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer auf der Bühne in der Nähe des Landtags. „Was viele schon wussten, lag plötzlich ganz offen auf dem Tisch: Rechtsextreme, die neue Rechte, sie wollen eine andere Gesellschaft. Sie sind völkisch, sie sind antisemitisch, sie sind autoritär, sie sind europafeindlich, sie wollen ein Land der Ausgrenzung, der Autorität, der Spaltung, der Diskriminierung“, sagte die SPD-Politikerin. „Und es ist so klar wie niemals zuvor, dass dieses Deutschland und dieses Rheinland-Pfalz nicht das ist, was wir wollen und was wir gemeinsam Tag für Tag hier leben.“

OB Jutta Steinruck auf der Bühne am Berliner Platz. Hinter ihr Mitglieder des Stadtrats.
Ludwigshafen

Berliner Platz: 3000 Menschen demonstrieren gegen Rassismus und für Demokratie

Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf sprach ebenfalls auf der Demonstration. „Es kann nicht sein, dass Geflüchtete den Preis zahlen für die Unfähigkeit der Politik, in Europa Lösungen zu finden“, sagte er. Der Umgang mit Geflüchteten sei eine Frage der Würde.

Auch in anderen Teilen von Rheinland-Pfalz demonstrierten am Samstag Menschen gegen rechts, in kleinen und großen Städten. In Birkenfeld gingen nach Polizeiangaben etwa 500 Menschen auf die Straße, in Neuwied etwa 3000, in Linz am Rhein rund 500 und in Dahn (Südwestpfalz) etwa 350 Menschen. Laut Polizei verliefen alle Versammlungen ruhig und friedlich. Demonstrationen waren für den Mittag unter anderem auch in Adenau und Ludwigshafen geplant.

30.000 in Freiburg

In Baden-Württemberg fand die größte Demonstration in Freiburg statt, wo laut Polizei 30.000 Menschen auf der Straße waren.

Zur größten Veranstaltung im Land hatten mehr als 300 Organisationen aufgerufen – darunter der Fußball-Bundesligist SC Freiburg, Gewerkschaften und Kirchen. Bei einer Kundgebung am Mittag zählte die Polizei zunächst rund 20.000 Menschen. Es kamen weitere hinzu.

Nach der Kundgebung auf dem Platz der Alten Synagoge setzte sich der Demonstrationszug durch die Freiburger Innenstadt in Bewegung. „In der Spitze waren rund 30.000 Menschen vor Ort“, sagte ein Polizeisprecher. Es kam zu starken Verkehrsbeeinträchtigungen bedingt durch Straßensperrungen entlang der Aufzugstrecke. Ähnliche Proteste wurden auch anderenorts angemeldet, so etwa in Lahr, Lörrach, Wiesloch und Aalen.

Zur Kundgebung und dem Zug durch die Stadt brachten die Teilnehmer etwa Transparente mit Aufschriften wie „Menschenrechte statt Rechte“ und „Deutschland bleibt bunt“ mit. Auch Bauern mit Traktoren beteiligten sich an der Aktion.

Am vergangenen Wochenende hatten Zehntausende Menschen bei vielen Kundgebungen im ganzen Land gegen Rechtsextremismus und für Demokratie demonstriert. Am Wochenende zuvor hatten Polizei und Veranstalter mindestens 110.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt.

Der AfD-Ortsverein Bretten im Landkreis Karlsruhe lud für Samstagabend (19.00 Uhr) zu einer Veranstaltung in die Stadtparkhalle ein, bei der auch die AfD-Co-Vorsitzende Alice Weidel und die Landeschefs Markus Frohnmaier und Emil Sänze erwartet wurden. Bei einer Gegendemonstration unter dem Motto „Bretten bleibt bunt“ wurden nach Angaben der Stadtverwaltung im Stadtpark zwischen 500 und 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer erwartet. Angemeldet hatte die Gegendemonstration die örtliche SPD, unterstützt wird sie laut Stadt von verschiedenen Parteien, Vereinen, Gewerkschaften und Gruppierungen.

Menschenkette in Berlin

Trotz Sprühregens versammelten sich deutlich mehr als die angekündigten 100.000 Menschen in Berlin zu einer Demonstration gegen die AfD und gegen rechts. Mehr als 150.000 Menschen seien aktuell vor Ort, schrieb die Polizei am Samstagnachmittag auf der Plattform X (vormals Twitter). Die Veranstalter sprachen von rund 300.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern. Alle vorgesehenen Zusatzflächen in der Umgebung wurden laut Polizei freigegeben.

Geplant war eine Menschenkette unter dem Motto „Wir sind die Brandmauer“. Hinter der Aktion gegen Hass und für Toleranz steht ein Bündnis namens Hand in Hand mit mehr als 1300 Organisationen. „Wir wollen ein Zeichen setzen für Solidarität und dass wir gegen Diskriminierung sind. Und dass wir es schön finden, wenn weiterhin eine Gesellschaft mit Vielfalt statt Einfalt in Deutschland existiert“, sagte der 36-jährige Serkan Bingöl, Berliner mit deutschem Pass und Gymnasiallehrer, der mit einer Gruppe Geflüchteter gekommen war.

Seit gut drei Wochen gehen überall in Deutschland immer wieder Zehntausende Menschen gegen rechts auf die Straße. Auslöser der Proteste war ein Bericht des Medienhauses Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter am 25. November in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten. Der frühere Kopf der Identitären Bewegung in Österreich, Martin Sellner, bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er bei dem Treffen über „Remigration“ gesprochen hat. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang. Laut Correctiv-Recherche nannte Sellner in Potsdam drei Zielgruppen: Asylbewerber, Ausländer mit Bleiberecht – und „nicht assimilierte Staatsbürger“.

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