Neustadt Zwei Frauen

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Neustadt. Der Roman Irina Korschunows erzählt, wie Journalistin Amelie Treybe auf ihrer Fahrt an den Bodensee das Leben der Annette von Droste Hülshoff entdeckt. Schauspielerinnen am „Theater in der Kurve“ sind Hedda Brockmeyer und Elke Litzka. Eine gestrenge Businessfrau freut sich über die Ergebnisse ihrer Shoppingtour, während die andere, Hedda Brockmeyer, eine Öko-Frau mimt, der die Unordnung ihrer WG-Partnerin auf die Nerven geht. Sie finden das Buch „Das Spiegelbild“ und tauchen ein in die Geschichte des Lebens einer großen Dichterin. 130 Jahre liegen zwischen der Journalistin Amelie und der Dichterin Annette, weitere 35 Jahre zwischen der heutigen WG-Küche und dem Roman. Was hat sich für die Frau geändert? Haben sich Konventionen aufgelöst oder heißen sie heute einfach nur anders? Wie die Dichterin der Romantik stammt auch Hedda Brockmeyer aus Münster, wenngleich auch nicht von der westfälischen Burg Hülshoff. Als Kind machte sie Ausflüge dorthin, das Haus Rüschhaus bei Gievenbeck, der Witwensitz von Annettes Mutter war ihr ebenfalls bekannt. Gleich der Journalistin Amelie reiste sie nach Meersburg an den Bodensee und besuchte die gleichnamige Burg und das Fürstenhaus, das Droste Hülshoff fünf Jahre vor ihrem Tod erworben hatte. Der Umgang mit Gedichten war der Schauspielerin und Regisseurin vertraut, gründete sie doch 2003 zusammen mit Kerstin Bachtler das Leseduo „Die Liseusen“, deren Spezialität der Vortrag selbiger in unterhaltsamer bis kabarettistischer Form ist. Ansonsten hält sich die zweistündige Vorstellung eng an Korschunows Buch, wobei 300 Seiten Text zu 30 Spielseiten wurden. Eineinhalb Jahre lang hat Brockmeyer dafür Biographien gelesen, Gedichte gelernt, sich mit Geschichte befasst, umgeschrieben und gekürzt. Herausgekommen ist ein Theaterstück, gleichermaßen ernst und traurig, gleichermaßen komisch und spannend, das sich in vielen Schichten entblättert und bei dem das Manuskript zum Requisit wird. Stark an Drostes Biographie angelegt, die unter dem Druck der Mutter fast zerbrochen ist, fordert das Zwei-Personen-Stück das Publikum (heraus), mitzudenken und sich zu konzentrieren. Die Belohnung ist ein Eintauchen in ein Stück Geschichte mit der Fragestellung „Wie war das damals?“ und „Wie ist es heute?“ Elke Litzka spielt in erster Linie die Droste und Hedda Brockmeyer die Journalistin, deren Karriere mit der Olympia-Katastrophe 1972 beginnt und die noch unter den Nachwirkungen der Nachkriegszeit zu leiden hat. Das Stück beginnt in einer WG von heute, mit dem Ritual der beiden Frauen, sich gegenseitig vorzulesen. Und sie finden „Das Spiegelbild“, schon bald wird nicht mehr gelesen, sondern gespielt, der Zuschauer wird, kaum, dass er es merkt, eingebunden in die Romanwelt mit der gestrengen Frau Mutter, der Abhängigkeit der Tochter von den Adelskonventionen, des Liebhabers Levin Schücking, mit dem die Droste ausgedehnte Spaziergänge am See unternimmt und so wieder ins seelische Gleichgewicht kommt. Und auch ihre Stärke wird verkörpert, ist sie doch eine der wenigen Frauen, die in der Mitte des 19. Jahrhunderts mit ihrer Dichtung Geld verdienen können. Seit Sommer wird geprobt. Die Regiebegleitung liegt in den Händen von Billy Bernhard, einem bekannten Figurenspieler aus Schweighofen, mit dem zusammen das Grundkonzept erarbeitet wurde und der begleitend immer wieder hilft, den roten Faden nicht zu verlieren und die Geschichten in der Geschichte weiter zu transportieren. Da eine gewisse Kargheit mit zum Konzept gehört, ist an Requisiten nichts auf der Bühne, was nicht angespielt wird. Außerdem zeichnet Bernhard noch für das musikalische Begleitkonzept verantwortlich, einfach alles, was mit Ton zu tun hat. Im Übrigen hat die Droste auch komponiert, so dass es nahe liegt, auch ihre Musik zu spielen und erst recht, wenn es eine persönliche Note hat: Brockmeyer fand nämlich in einem familiären Nachlass Musik der Komponistin. Dann wäre da noch die Frage nach Kostümen und Ausstattung, das wurde gemeinsam festgelegt, während Heinz Kindler die Bühnenpräsentation ins rechte Licht setzt. Termine —Premiere am Samstag, 22. Oktober, 20 Uhr. im Theater in der Kurve, Hambach, Weinstraße 248. Weitere Termine am Samstag, 12. November, 20 Uhr, und Sonntag, 13. November, 17 Uhr. —Karten gibt es unter dem Theatertelefon: 06321 2147 oder bei der Neustadter Buchhandlung „Quodlibet“. |utge

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