Neustadt Wahres Feuerwerk an der Orgel

Hassloch. Mit einem Feuerwerk an Orgelmusik bekannter protestantischer Komponisten aus Barock und Romantik sowie höchster Präzision begeisterte Landeskirchenmusikdirektor Jochen Steuerwald als Gast der „Haßlocher Turm-Initiative“ am Freitagabend beim 16. Benefizkonzert in der Christuskirche sein Publikum. Etwas mehr als 50 Besucher spendeten über 300 Euro für die Innenrenovierung des Kirchturms.

Mit der Passacaglia in c-Moll für Orgel (BWV 582) von Johann Sebastian Bach entführt Steuerwald im ¾ -Takt seine Zuhörer gleich zu Beginn in gewaltige Klangtiefen hinab, die auch körperlich zu spüren sind. Mystisch klagend scheinen sich dann über die zwei Sätze die klaren Orgeltöne zu erheben und durch das Kirchenschiff zu schweben – bis zum Finale in einer finsteren Fuge. Laut Musiklexikon ist die Passacaglia „ein Variationssatz über einem fortlaufend wiederholten (Bass)-Motiv“. Ursprünglich ein spanischer Volkstanz, kam die Form im 16. Jahrhundert nach Frankreich und Italien und wurde dort als Bühnentanz aufgeführt. Einen Stimmungswechsel leitet Steuerwald bei einem Thema mit Variationen in D-Dur von Felix Mendelsohn ein: Warm und getragen spielt er und entlockt der Haßlocher Orgel perlende Ton- und Akkordfolgen. Als der 1809 geborene Musiker das Stück 1844 schrieb, hatte er gerade ein Jahr zuvor in Leipzig das „Conservatorium“, die erste Musikhochschule Deutschlands, eröffnet. Die Fugen Nummer Eins und Zwei aus „Sechs Fugen über den Namen Bachs“ (op. 60) von Robert Schumann, der unter anderem auch an Mendelssohns „Conservatorium“ unterrichtete, sind ein weiteres gutes Beispiel für Steuerwalds große Virtuosität auf der Orgel. Bei den anspruchsvollen Werken meistert der Interpret, seit 2008 Landeskirchenmusikdirektor der Evangelischen Kirche der Pfalz und damit einer der obersten Organisten im Land, mit Bravour alle Herausforderungen. Auch bei Bachs „Pièce d´orgue“ in G-Dur (BWV 572) trifft Steuerwald den richtigen Ton. Im Orgelchoral „O Gott, du frommer Gott“ von Johannes Brahms kopiert Steuerwald gekonnt die mittelalterlichen Kirchentonarten und niederländischen Kanontechniken, von denen der Komponist sich hat inspirieren lassen. Damit die Besucher bei dem als Kirchenlied 495 bekannten Stück die Strophen Eins bis Drei mitsingen können, war ihnen zuvor ein Gesangbuch ausgeteilt worden. Mit der Sonate VI d-Moll aus Mendelssohns „Sechs Sonaten“ (op. 65) beendete Steuerwald das Konzert. Das hat seinen Grund: In der Sonate kommt die Melodie des Lutherliedes „Vater unser im Himmelreich“ vor. Und mit dem „Vaterunser“-Gebet wird auch der Gottesdienst abgeschlossen. Hier gelang dem Organisten bei nochmals höchster Präzision eine fast sphärische Interpretation. Die Besucher dankten mit viel Applaus, der erst verhalten einsetzte, dann immer stärker wurde. Die Hoffnung auf eine Zugabe wurde leider nicht erfüllt.

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