Neustadt Starke Frauen bei Festival in Hambach

Starke Gefühle auf die eine oder die andere Art: Die Hauptfiguren Goggles (Teresa Novotny, links) und Libelle (Sabine Schröder)
Starke Gefühle auf die eine oder die andere Art: Die Hauptfiguren Goggles (Teresa Novotny, links) und Libelle (Sabine Schröder) sind im Film »Haus der Diebe« anfangs noch ein Liebespaar, doch später werden sie zu erbitterten Gegenspielerinnen.

«Neustadt-Hambach.» Ein Hauch von Hollywood wehte am Mittwoch durch das „Theater in der Kurve“, wo die Neustadter Theatergruppe „Petunientopf“ die ersten 35 Minuten ihren ersten abendfüllenden Spielfilms „Haus der Diebe“ und einen schon früher entstandenen Kurzfilm präsentierte. Die Veranstaltung war die zweite des noch bis Sonntag dauernden „Träumer und Taten“-Festivals des Theater- und Kulturfördervereins Hambach (Thuk), der an dem Abend auch selbst bewegte Bilder in Form einiger Videoimpressionen beisteuerte.

„In der Festwoche möchten wir besonders das kreative Schaffen der Vereinsmitglieder aufzeigen“, erklärte Theaterleiterin Hedda Brockmeyer. Einblicke in die Probenarbeit des Kurventheater gewährt der Film „Gemeinsame Leidenschaften“ mit vielen witzig-spontanen Aufnahmen. Zu diesem Filmworkshop habe die Frage geleitet, wie man die vielen Facetten auch hinter den Kulissen nach außen tragen könne. In Zusammenarbeit mit dem Offenen Kanal und unter Mitwirkung der Haardter Musikerin Andrea C. Baur sorgt das bunte Kaleidoskop für eine gelöst-heitere Atmosphäre im Publikum, das allerdings in erster Linie auf die folgende „Petunientopf“-Präsentationen gespannt ist.

Theater-Scripts als optimale Drehbücher

Das Neustadter Geschwisterpaar Leni und Philipp Bohrmann gründete die freie Theatergruppe 2013 und überraschte seitdem regelmäßig mit spannenden Bühneninszenierungen in abenteuerlichen Welten. „Wir wollten Geschichten auf die Bühne bringen, die man sonst nur von Büchern oder vom Kino her kennt“, erklärt Regisseur Philipp Bohrmann. Immer wieder zeigte sich das Ensemble dabei überaus kreativ, Ortswechsel und Hintergrundszenarien dank ausgeklügelter Technik ins Bühnenbild zu zaubern. Sie hätten dabei immer wieder zu hören bekommen, dass die selbstgeschriebenen Scripts fürs Theater eigentlich auch optimale Drehbücher seien, erklären die Geschwister. Von da war der Weg ins Filmgenre nicht mehr weit. „Der Kurzfilm ,Exit’ war ein Meilenstein in unserer Entwicklung“, resümiert Philipp Bohrmann, der sich mit der gesamten Crew darüber freuen konnte, dass „Exit“ im Dezember 2016 auch gleich als Vorfilm vor der Premiere des Star-Wars-Films „Rogue One“ im Roxy-Kino gezeigt wurde. Der Film bietet, wie bei der anschließenden Vorführung zu sehen ist, eine Verfolgungsjagd mit Fantasy-Elementen. Darstellerin Sabine Schröder wird von Jacob Fecht in die Enge getrieben – und kann doch immer wieder durch einen magischen Ausgang – eben den titelgebenden Exit – entkommen. Die Szenenwechsel führen von einem Schulraum in die Säulenhalle des Casimirianums, die Felslandschaft des Pfälzerwaldes, den Theaterraum des Mußbacher Herrenhofs und letztlich ins Krankenhaus. Der Film entwickelt seine Dramatik ganz ohne Worte allein durch das ausdrucksvolle Spiel der Protagonisten sowie durch Musik- und Soundeffekte, die Gestik, Mimik und Action mit Überraschungseffekten und bisweilen witzig-satirischen Akzenten unterstreichen. Im „Making-Of“ wird verdeutlicht, wie aufwändig bereits eine so kleine Produktion ist. Bohrmann: „Eine halbe Stunde entspricht etwa fünf Sekunden Film, die Aufbauarbeiten nicht eingerechnet.“

Mehrere tausend Arbeitsstunden

Das Publikum ist begeistert vom kleinen Vorgeschmack auf die große Filmproduktion „Haus der Diebe“, gedreht in 140 Tagen, einem der wohl größten Kunstprojekte der Region in den letzten Jahren, das auch von der Kulturabteilung der Stadt Neustadt gefördert wurde. Wie detailliert gearbeitet wird, zeigt der Durchlauf einer sehr kurzen Szene mit eingeblendeten Datums- und Uhrzeitangaben der Aufnahmen. Es sind bestimmt über 30 „Takes“, die final zusammengebaut werden. Mehrere tausend Arbeitsstunden stecken in dem auf 100 Minuten angelegten Film, der mit einer spannenden Handlung und ausdrucksstarken Figuren begeistert. „Flotte Dialoge, schräge Typen, krachende Kampfszenen und aufwändige Kameraarbeit“, bringt Bohrmann es auf den Nenner. Die Emotionen sind bewusst überzeichnet: Aversion und Zuneigung wirken als starke Motive, wobei sich das eine schlagartig ins Gegenteil wenden kann. Der Film ist ein Podium für die jungen Darsteller, die sich in zwei rivalisierenden Diebesgruppen gegenüber stehen. Außer der 25-jährigen Theresa Novotny (Hauptfigur Goggles) aus dem Rhein-Neckar-Raum, die dem „Petunientopf“ schon länger verbunden ist, kommen alle Akteure aus Neustadt. Sabine Schröder (Libelle), 18 Jahre alt, hat eine Ausbildung zur Modedesignerin absolviert und möchte ihre Leidenschaft fürs darstellende Fach weiterentwickeln. Abiturientin Minella Hoffmann (18), die die Kobra spielt, gehört dem „Petunientopf“ schon seit vielen Jahren an. Theaterchefin Leni Bohrmann gibt die ideenreiche Gin, ihr Ehemann Markus Rumpf den Protos, Handlanger der Diebe. Jakob Fecht mimt Nox, einen magischen Pokerspieler.

Ausbildung mitten in Hollywood

Der 18-jährige Fecht, seit etwa sieben Jahren beim „Thuk“ und beim „Petunientopf“, gewann erst im April als einziger Deutscher beim weltweiten Casting der „American Academy of Dramatic Arts“ in Los Angeles, einer der angesehensten privaten Schauspielschulen der Welt. „Er wird auf dem Campus mitten in Hollywood und in Sprungweite zu den großen Filmstudios ab August seine Ausbildung beginnen“, so Bohrmann, und das Publikum applaudiert anerkennend. Leni Bohrmann lenkt abschließend den Blick auf die ausdrucksvollen weiblichen Rollen: „Es war uns im Theater schon immer wichtig, starke Frauen darzustellen – im Sinne von vielschichtig, charakterlich ausgearbeitet. Sie treiben die Story voran.“ Termin Die Premiere des vollständigen „Haus der Diebe“-Films ist für 13. September im Neustadter Roxy-Kino geplant. Eine weitere Präsentation der ersten 35 Minuten gibt es morgen, Samstag, um 21 Uhr im Hambacher „Theater in der Kurve“. Karten (10 Euro) unter 06321/2147 oder in der Buchhandlung Quodlibet.

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