Neustadt „Sissi“ ist der Star

Gestern der Publikumsliebling: die neue Lok fürs Kuckucksbähnel.
Gestern der Publikumsliebling: die neue Lok fürs Kuckucksbähnel.

Einen regelrechten Besucheransturm hatte das gestrige Kinderfest des Eisenbahnmuseums Neustadt zu verzeichnen. Warteschlangen gab es vor allem an der neuen Dampflok „Sissi“, auf der die Gäste zum ersten Mal ein kleines Stück mitfahren durften. Aber auch eine dampfbetriebene Modellbahn oder die VW-Draisine kamen gut an.

Wer zum Kinderfest wollte, musste nur den schwarzen Rauchschwaden folgen. Sie stammten von der 90 Jahre alten Dampflok aus Österreich, jüngste Errungenschaft des Vereins und beim Kinderfest erstmals in Aktion zu erleben. Geduldig warteten Groß und Klein, um eine kurze Fahrt in der alten Dame zu absolvieren. Drinnen im Führerhaus sorgte der Heizer für ausreichend Wasser, Dampf und Kohle, während Lokführer und Vereinsvorsitzender Ralf Rudolph die „Sissi“ in Gang setzte. „Lokführer war ein anstrengender Beruf“, meinte Rudolph, was man angesichts der schweißtreibenden Temperaturen in der engen Lok und den großen Hebeln, die bedient werden wollen gut nachvollziehen konnte. Die kleinen Fahrgäste staunten und freuten sich besonders über das akustische Signal, das bei keiner Fahrt fehlen durfte. Beliebt war auch eine Fahrt mit der VW-Draisine. Das Gefährt, das aussieht wie ein VW-Bus auf Schienen, wurde bis in die 1950er-Jahre als Bahnmeisterfahrzeug eingesetzt und kann bei Bedarf per Hydraulik hochgehoben und gedreht werden, um in die entgegengesetzte Richtung zu fahren. Auf diese Attraktion verzichtete man beim Fest, stattdessen legte Angelo Ounnas mit Fingerspitzengefühl ein ums andere Mal den Rückwärtsgang in das alte Getriebe. Drinnen im Museum tummelten sich die Besucher in den Waggons, erklommen die steilen Treppen in den Speisewagen oder amüsierten sich über historische Schilder wie „Bitte nicht spucken!“. „Wir haben auch einen Waggon ausgestellt, der noch nicht aufgearbeitet ist, damit die Besucher eine Ahnung von der Arbeit haben, die in so einem Wagen drinsteckt“, erklärte Reinhard Winkler vom Museumsverein vor einem Waggon, dem man sein Alter deutlich ansah. Und weil in den Loks und Wagen des Museums nicht nur Arbeit und Herzblut drinstecken, sondern auch eine Menge Geld, hatte der Verkehrsverbund Rhein-Neckar sein Glücksrad aufgestellt: Mit den Erlösen soll die Lok T3 neu bekesselt werden. Am Nachbartisch drehte eine besondere Modellbahn ihre Runden. „Diese Lok ist 110 Jahre alt und wird mit Dampf betrieben“, so Uwe Groll vom Spielzeugmuseum Freinsheim. Die Besucher schauten fasziniert zu, wie er den Kessel der Lok mit Brennspiritus und Wasser füllte, den Spiritus anzündete und sich kurz darauf das kleine Gefährt dampfend und zischend in Bewegung setzte. „Wir haben nicht oft Gelegenheit, diese Modellbahn öffentlich zu zeigen“, meinte Groll angesichts der komplizierten und nicht ungefährlichen Inbetriebnahme des Kinderspielzeugs. „Früher ist da sicherlich der eine oder andere Teppich in Brand geraten.“ Der 18-jährige Til Zärcher vom Museumsverein wachte derweil über den Tisch der Modellbauer. Dort durften die Besucher sich am Modellbausatz eines Wohnhauses für die eigene Märklin-Eisenbahnlandschaft versuchen. Natürlich waren beim Kinderfest die Familien in der Überzahl. Aber auch ein paar erwachsene Eisenbahnfreunde waren gekommen, um die historischen Schätzchen zu sehen oder in Erinnerungen zu schwelgen. „So eine Draisine bin ich auch gefahren!“ rief ein älterer Herr voller Begeisterung, um an der Kasse dann „Eintrittskarten für vier große Kinder“ zu kaufen.

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