Neustadt Schwarze Konkurrenz

Es ist kurz nach halb zwei, Sonntagnachmittag. Die Sonne brennt vom wolkenlosen Himmel. Gerd Dambach zieht trotzdem ein Paar Socken an. Und dann schlüpft er auch noch in eine Anglerhose mit Gummistiefeln unten dran. „Ohne Socken kriegt man Blasen“, seufzt er. Und ohne Stiefel gehe es trotz der hohen Temperaturen nicht. „Es liegen zu viele Glasscherben im Bach.“ Gleich wird Dambach zusammen mit Stefan Berg und Thomas Liese-Sauer, die sich gerade in die selbe Ausrüstung werfen, in den Rehbach steigen. Als Helfer beim zweiten „Haßlocher Entenrennen“ der SPD an der Obermühle. „Wir haben uns deutlich gesteigert“, sagt der Ortsvereinsvorsitzende Dieter Schuhmacher zufrieden. Waren bei der Erstauflage der Spaßveranstaltung im vergangenen Jahr seinen Worten zufolge 365 Entchen an den Start gegangen, seien in diesem Jahr 550 Startnummern zu je 2,50 Euro verkauft worden. Der Erlös für den guten Zweck werde nach Abzug der Kosten für Bewirtung und Konzert im Hof der Obermühle „mindestens einen Euro pro Startnummer“ betragen. Als Empfänger „werden wir einen Kindergarten raussuchen“, kündigt Schuhmacher an. Stefan Berg hat sich inzwischen zwei große blaue Müllsacke über die Schulter geworfen. Da sind die Entchen drin. Dann stapft er los zum Startpunkt ein bisschen bachaufwärts, wo er die gelben Gummitierchen gleich ins Wasser entlassen wird. „Die Stelle ist ein bisschen blöd“, sagt er – und deswegen ist es für die Zuschauer auch nicht möglich, den Start zu verfolgen. Die meisten haben sich deshalb am Ziel direkt bei der Obermühle versammelt – hier ist es einigermaßen schattig, und man kriegt gleich mit, wer gewonnen hat. Sechs Minuten soll es laut Schuhmacher dauern, bis die ersten Entchen das Ziel erreichen. Das hat die SPD vorher ausprobiert und die Strecke auf 300 Meter verkürzt, nachdem das rund 45-minütige Warten auf die Siegerente bei der Premiere im vergangenen Jahr vor allem für die Kinder doch etwas lang geworden war. Und in der Tat: Nach dem Startschuss dauert es nur ein paar kurze Minuten, bis die erste Ente mit vollem Karacho den Wasserfall zum Zieleinlauf heruntergeschossen kommt. Doch was ist das? Auf den letzten Metern schwächelt sie, und eine Konkurrentin zieht im letzten Augenblick dann doch noch elegant an ihr vorbei. Dann geht es Schlag auf Schlag. Eine Ente nach der anderen, teilweise von Thomas Liese-Sauer mit einem langen Greifarm wieder auf Kurs gebracht, erreicht das Ziel, wird von Gerd Dambach aus dem Wasser gefischt und akkurat in der Reihenfolge des Einlaufs aufgestellt. Wenn die jeweiligen Nummern erfasst sind, wirft er sie in einen Wäschekorb. Ein paar Witzbolde haben – außer Konkurrenz, versteht sich – zusätzlich zu den offiziellen gelben Renn-Enten noch schwarze und rote ins Wasser geworfen. „Die schwarzen sind von der CDU“, kombiniert ein Zuschauer messerscharf. Und dann kommt auch noch eine große gelbe Ente angeschwommen. „Das ist die Mama“, ruft ein Kind. Am Ende ist die sechsjährige Sofia Carl aus Haßloch tief enttäuscht. „Ich bin immer die letzte“, klagt sie über den Umstand, dass ihre Ente nicht gewonnen hat. Zusammen mit ihrer Schwester Olivia (4) und ihrem kleinen Bruder Jonas (1), den Mutter Anna und Vater Alexander abwechselnd auf dem Arm tragen, hat sie am Ziel ungeduldig darauf gewartet, dass die gelben Plastikentchen endlich eintreffen. „Wir haben elf Stück, die ganze Familie“, hat ihre Mutter zuvor erzählt und einen Notizzettel mit den Nummern gezeigt. „Sogar die Urgroßmutter Erna, die ist 92, hat eine.“ Wegen der Hitze ist die Uroma allerdings nicht persönlich an der Strecke erschienen. „Das wäre dann doch zu viel für sie gewesen.“ Klein-Sofia braucht jetzt Trost. „Ich will zwei Tüten Popcorn“, sagt sie. Mama nickt. Der Frust wird sowieso bestimmt bald wieder vergessen sein. Im Hof der Obermühle spielt jetzt gleich noch eine Band, und es gibt Kuchen.

x