Neustadt Keine Chance auf Nachsicht

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Ein RHEINPFALZ-Leser aus Elmstein ist am Telefon empört: Statt Kulanz zu zeigen, wie es bei Discountern in Kaiserslautern der Fall sei, die erst mal vorwarnten, habe Lidl in der Neustadter Talstraße sofort die Keule geschwungen. Weil seine Tochter erst einkaufen und dann noch kurz in der Stadt gewesen sei, war ihr Auto weg, als sie zurückkam. Wie sich zeigte, hatte eine Firma den Wagen abgeschleppt, Kostenpunkt 130 Euro. Kulanz indes ist für Lidl keine Option, auch wenn der Ärger der Kundin nachvollziehbar sei, wie es bei der Pressestelle Lidl Deutschland in Neckarsulm heißt. Seit August herrschen auf dem in der Innenstadt gelegenen Lidl-Parkplatz in der Talstraße neue „Gesetze“. Regelten früher Schranken die Zufahrt, stehen diese nun offen – ob defekt oder mit Absicht außer Dienst genommen, dazu gab es gestern keine Auskunft. Stattdessen müssen Kunden eine Parkscheibe ins Auto legen, die Verweildauer ist auf eine Stunde begrenzt. Dann wird abgeschleppt. Eine solche Parkraumbewirtschaftung durch einen privaten Dienstleister führt Lidl laut Pressestelle überall dort ein, wo es wegen der Innenstadtlage eine „ausufernde Fremdparkerproblematik“ gebe – wie eben in der Neustadter Filiale. Unzählige Kunden hätten sich dort über die nicht zufriedenstellende Parksituation beschwert. Würden die gut sichtbar aufgestellten Schilder zu den Parkkonditionen ignoriert, greife der Dienstleister ein – „der nach einer marktüblichen, im Einklang mit der Gesetzeslage stehenden Verfahrensweise mit ebenso marktüblichen Tarifen“ arbeite. Kaiserslautern ist damit für Lidl kein Vorbild. Wie berichtet, bewirtschaftet, sprich: überwacht, dort beispielsweise ein Berliner Unternehmen im Auftrag des Discounters Penny dessen Parkplätze am Messeplatz und im benachbarten Landstuhl. Doch werden Fremdparker zunächst einmal „verwarnt“, erst dann gibt es ein Strafticket von 30 Euro, bei Nichtbezahlen gefolgt von einer Mahnung über 52 Euro. Die Bedingungen sind die selben: Parkscheibe ins Auto und maximal eine Stunde stehen bleiben. Die Stadt Kaiserslautern hat kein Problem damit, dass in ihrem Beritt unter anderem Penny auf seinem Parkplatz so verfährt. Sie sagt: In der City seien genug öffentliche Parkflächen vorhanden. Die Stadt Neustadt, bei der sich am Dienstag zwei Anrufer über vermeintlich von der Verwaltung initiierte Abschleppaktionen bei Lidl beschwert hatten, sieht hingegen schon ein Problem. Als Haushalte befragt wurden, um einen Teil des Gesamtverkehrsplans fortzuschreiben, hätten fast 70 Prozent der Teilnehmer die Parkraumsituation in der Innenstadt zumindest teilweise als mangelhaft bezeichnet, sagte Stadt-Pressesprecherin Dagmar Staab. Der Stadtrat habe darauf mit dem neuen Parkraumkonzept Innenstadt reagiert, das von einer Arbeitsgruppe aus Ratsmitgliedern, Einzelhändlern und Wirtschaftsentwicklern erarbeitet worden sei und ab 2015 umgesetzt werden soll. Für nicht direkt in der Innenstadt gelegene Filialen planen die in Neustadt vertretenen Discounter im Übrigen keine solche Parkraumbewirtschaftung. Das gilt sowohl für Lidl als auch für Penny und Aldi. Eine solche Maßnahme sei nur notwendig, wenn sich die Anzahl der Dauerparker rapide erhöhe, was in Neustadt nicht der Fall sei, teilte die Penny-Markt GmbH, Vertrieb Innen, mit Sitz in Wiesloch, auf Anfrage mit. Die Märkte der Unternehmensgruppe Aldi Süd seien generell mit einem „großzügigen Parkplatzangebot“ ausgestattet, so die Antwort ihrer Abteilung Kommunikation in Mülheim an der Ruhr. Bestehe ein Problem mit Fremdparkern, würden die Regionalgesellschaften entscheiden, was zu tun sei; in Neustadt bestehe dafür aktuell kein Anlass. Obwohl es in Kaiserslautern „gestaffelte“ Sanktionen gibt, hält ein dort ansässiger Anwalt, der einen Betroffenen vertritt, die Penny-Maßnahmen für „abenteuerlich“, weil rechtliche Voraussetzungen nicht eingehalten würden; unter anderem, weil die Schilder zu klein seien und der Kunde daher nicht wisse, worauf er sich einlasse. (ahb)

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