Neustadt Gedenkstätte bekannter machen

Bis vor wenigen Wochen wusste Tonia Seibel, 19-jährige Abiturientin aus Haardt, noch gar nicht, dass es in Neustadt im Quartier Hornbach eine Gedenkstätte für NS-Opfer gibt. Jetzt ist sie täglich dort: Sie macht dort ein Praktikum.

Tonia Seibel interessiert sich seit der Mittelstufe für Geschichte. Ihr besonderes Interesse gilt der neueren Geschichte, ab der französischen Revolution. Dass sie jetzt in der Gedenkstätte für NS-Opfer ein Praktikum macht, geht auf eine zufällige Begegnung mit dem Vorsitzenden des Gedenkstätten-Fördervereins, Eberhard Dittus, zurück. Seibel hatte sich in der Villa Böhm die Ausstellung „NS-Psychiatrie in der Pfalz und ihre Opfer in Neustadt“ angeschaut, und war danach auch zu einer Filmvorführung gegangen, die zum Begleitprogramm der Ausstellung gehörte. Dort lernte sie Dittus kennen, erfuhr von der Gedenkstätte und wollte mehr wissen. So kam es zu der Idee mit dem Praktikum. Im Gegensatz zu vielen ihrer Mitschüler hat Tonia Seidel nie vorgehabt, nach dem Abitur erst einmal längere Zeit ins Ausland zu gehen. Stattdessen wollte sie sich mit etwas beschäftigen, das einen Bezug zu ihren Plänen hat. Und die beinhalten – natürlich – ein Studium der Geschichte. In Kombination mit Wirtschaft, davon erhofft Seidel sich bessere berufliche Chancen. Denn eins steht für sie fest: Lehrerin will sie nicht werden. „Meine Eltern sind beide Lehrer.“ Der 19-Jährigen ist aber klar, dass sie mit einem rein geisteswissenschaftlichen Studium schlechte berufliche Chancen hat. Doch erst einmal wird sie nun viel Zeit in der Gedenkstätte für NS-Opfer verbringen. Sie wird sich an den Vorbereitungen einer Ausstellung zum 70. Jahrestag des Kriegsendes am 8. Mai beteiligen und sie will sich Gedanken darüber machen, wie Jugendliche verstärkt auf die Gedenkstätte aufmerksam gemacht werden können. Denn nicht nur sie selbst hat bis vor kurzem die Gedenkstätte im Quartier Hornbach nicht gekannt, auch alle ihre Freunde und Mitschüler, denen sie von ihren Plänen erzählte, kannten die Einrichtung nicht. „Ich möchte dazu beitragen, dass die Gedenkstätte in der Region bekannter wird“, sagt Tonia Seibel. Dass sie für ihr Praktikum kein Geld bekommt, stört die 19-Jährige nicht. Denn sie weiß, „dass ich hier etwas lernen und praktische Erfahrungen sammeln kann“. Das könne später nützlich für sie sein, etwa beim Studium. Außerdem freut sie sich darauf, sich in der Gedenkstätte mit Geschichte beschäftigen zu können. Es ist nicht das erste Praktikum, das Tonia Seibel im Bereich Geschichte absolviert. Sie hat schon im Bistumsarchiv in Speyer gearbeitet und war im baden-württembergischen Hemsbach an einem Projekt beteiligt, bei dem Steine zu einem Mahnmal gestaltet wurden. „Meine beste Freundin wohnt in Hemsbach, die hatte mich gefragt, ob ich Lust habe, mitzumachen“, erzählt sie. Am liebsten würde sie in Mannheim studieren. Falls sie dort einen Studienplatz bekommt, könnte sie sich vorstellen auch nach dem Ende ihres Praktikums weiter in der Gedenkstätte mitzuarbeiten. (ann)

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