Neustadt Engagiert für eine bessere Welt

Annelie Dehmel, 1937 geboren und in Haßloch aufgewachsen, zog es früh in die Ferne. Mit 18 Au-pair-Mädchen in England, danach Lehrkraft nach München, wo sie ihren Mann kennenlernte. Gleich nach der Heirat bekamen das Paar das Angebot, nach Bolivien zu gehen. Zwischen 1960 und 1968 arbeitete sie in dem südamerikanischen Land als pädagogische Fachkraft in der Deutschen Schule in Sucre und im Aufgabenbereich des Deutschen Entwicklungsdienstes. Ein paar Jahre später kehrte das Ehepaar nach Deutschland zurück. Allerdings blieb das nur eine Zwischenstation, denn ab 1971 war Annelie Dehmel in Afghanistan tätig. Von 1979 bis 1981 half sie dann in Nicaragua mit, die ersten Schulbücher nach der Revolution zu erstellen. „Ja, ich habe die Welt kennengelernt!“, sagt sie lächelnd, und ihre Augen leuchten. Schließlich ging es nochmals zehn Jahre nach Bolivien, um dort mitzuhelfen, die Lehrerausbildung auf akademisches Niveau zu bringen. Da Dehmel auf viele Missstände aufmerksam wurde, entstanden etliche Projekte. So engagiert sie sich für krebskranke Kinder, von denen es dort viele gibt. „Warum? Die Minen haben die Flüsse versaut. Mit diesem Wasser jedoch haben die Menschen ihre Gärten bewässert.“ In einem gemieteten Haus wurden diese Kinder mit ihren Müttern für einige Zeit betreut und behandelt. Ein anderes Projekt hat sich der Straßenkinder angenommen. „Kinderarbeit ist zwar auch hier nicht erlaubt, aber viele sind darauf angewiesen. Wir sorgen dafür, dass sie trotzdem eine Schule besuchen können“, so Dehmel. Auch das Aufforstungsprojekt in Cajamarca, 30 Kilometer von der Hauptstadt Sucre entfernt, hat seine Wurzeln in dieser Zeit. 30 Kilometer außerhalb der Hauptstadt Sucre. Das bolivianische Anden-Hochtal von Cajamarca war einst bewaldet, erklärt Annelie Dehmel. Davon war allerdings nichts mehr zu sehen, denn da die Minen und Häuser Holz brauchten, blieb irgendwann nur noch ein kahler Landstrich übrig. Der ungeschützte Boden wurde weggeschwemmt. Hunger und Landflucht waren die Folgen. Um dem Abhilfe zu schaffen, gründeten Dozenten und Mitarbeiter der Unesco den Verein Centro Ecologico Juvenil (CFJ), dessen Ziel es ist, bei den Studenten Umweltbewusstsein durch praktischen Unterricht in der Natur zu entwickeln. „Die ersten Hektar zur Aufforstung hat unsere Familie gekauft, dann haben sich auch Freunde beteiligt.“ Mittlerweile sind durch die Studenten und viele fleißige Helfer 400 Hektar Waldfläche entstanden. „Inzwischen bin ich im Sommer in Deutschland und im Winter, während der Regenmonate, in Bolivien, denn in dieser Zeit wird gepflanzt“, erklärt sie. Das Zentrum unterstützt auch die Landbevölkerung bei der Aufforstung, damit diese einmal eine zusätzliche Einnahmequelle hat. „Nach 23 Jahren können wir langsam anfangen auszulichten, und es gibt erste Einnahmen.“ Ziel ist es, dass sich das Projekt selbst finanziert. Es gehört zum „Weltwärts“-Programm, dem entwicklungspolitischen Freiwilligendienst des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung. „Jeder, der mit anpacken will, ist willkommen. Eine Altersgrenze nach oben gibt es nicht. Es stehen viele Möglichkeiten zur Auswahl, da findet jeder das Passende.“ Warum ist ihr dieses vielfältige Engagement so wichtig? „Gelernt habe ich das wohl in meinem Elternhaus im Pfarrhaus in Haßloch“, sagt sie. „Es war Kriegs- und Nachkriegszeit, und viele Flüchtlinge waren dort. Zu Hause waren wir sieben Kinder. Da habe ich gelernt, dass alle mit anpacken müssen, daher rührt mein Engagement.“ Ihr Mann stammt aus Rumänien und unterstützt heute dortige Projekte. „Aber ich habe mich für Bolivien entschieden: Hier sind drei meiner Kinder geboren, und ich hatte immer einen besonderen Bezug dorthin.“ Das Engagement in Cajamarca zeigt erste Früchte. Die Speicherqualität des Bodens hat zugenommen, so dass sich wieder Flora und Fauna ansiedeln. So dienst das Hochtal heute als „grüne Lunge“ für die Hauptstadt. Angst, dass ihre Projekte nicht weitergeführt werden, wenn sie einmal nicht mehr dazu in der Lage ist, hat Dehmel nicht. Ihr Engagement hat sich auf ihre Kinder und Enkelkinder übertragen. „Alle sind fest mit eingebunden. Eine Enkelin ist in Mosambik und betreut dort HIV-infizierte Jugendliche und Frauen. Jeder sucht sich seinen Bereich“, sagt sie – und dabei huscht wieder dieses zufriedene Schmunzeln über ihr Gesicht.

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