Neustadt Ehrgeizig, kämpferisch, unbeugsam

NEUSTADT. Der Stoff geht ihm auch nach elf Jahren nicht aus. Am kommenden Sonntag startet Karl Scherer im Herrenhof Mußbach in die zwölfte Runde seiner Reihe „Lebendige Pfalz in Geschichte(n).“ Diesmal stellt der ehemalige Direktor des Instituts für Pfälzische Geschichte und Volkskunde Konrad von Staufen und die Pfalzgrafschaft bei Rhein vor.

Die Resonanz auf seine Vorträge, die Scherer frei und mit sichtlicher Leidenschaft hält, ist nach wie vor groß. Inzwischen hat sich, nicht zuletzt durch Mund-zu-Mund-Propaganda, ein Stammpublikum etabliert, das nicht allein aus Neustadt, sondern der ganzen Pfalz kommt. „Mein Ziel ist es, bei den Menschen das Interesse an der Heimatgeschichte zu wecken und zu vertiefen,“ erklärt Scherer im Gespräch. Nicht zuletzt wolle er damit dem Publikum Freude machen. Er erzählt zwar aus pfälzischer Perspektive, wirft dabei jedoch keinen „Tunnelblick“ auf die Pfalz, sondern bettet die regionale Thematik zumeist in die große Weltpolitik ein. So auch bei seiner neuen sechsteiligen Reihe, die einen Zeitraum von zirka acht Jahrhunderten umspannt und mit den beiden Themen Auswanderung und Erster Weltkrieg die große Politik mit einbezieht. „Mein Schwerpunkt liegt mit zwei Vorträgen über Konrad von Staufen und Hildegard von Bingen auf dem Mittelalter. Diese Frau war nicht nur Äbtissin, die sich um die Belange des Klosters kümmerte, sondern griff mit Briefen an Kaiser und Papst auch in die Politik ein“, stellt Scherer fest. Ausgiebig setzt Scherer sich am Sonntag mit dem Staufer Konrad auseinander, der bei der Verfechtung seiner Ziele oft nicht im Sinne des Kaisers agierte. Um 1134 als Sohn des Herzogs Friedrich II. von Schwaben und der Grafentochter Agnes von Saarbrücken geboren, wuchs er nach dem Tod seines Vaters bei seinem Halbbruder Herzog Friedrich III. von Schwaben auf, der 1152 als Friedrich I. Barbarossa zum deutschen König gewählt und 1155 zum Kaiser gekrönt wurde. Diesem diente Konrad bei seinen jahrelangen erbitterten Kämpfen in Italien, wofür Barbarossa ihm 1156 zum Dank die Pfalzgrafschaft bei Rhein verlieh. Ein Pfalzgraf (palatinus, „der im Palast oder bei Hofe ist“) war Amtsträger und Vertreter des Königs oder Kaisers. Die Pfalzgrafschaft bei Rhein hatte sich seit 1085 aus der Pfalzgrafschaft Lothringen entwickelt. Konrad war nun Schirmherr des Klosters Schönau, des Klosters Lorsch und des Hochstiftes Worms. Sein Besitz umfasste unter anderem Bacharach und die Burg Stahleck als pfalzgräfliche Residenz, Alzey und die Hochvogtei des Hochstiftes Worms. Doch darüber hinaus versuchte er, verlorene Besitzungen an Mosel, Mittel- und Niederrhein zurückzugewinnen, was zum Konflikt mit den Erzbischöfen von Trier und Köln führte, Höhepunkt war die Rheinecker Fehde. Doch hier geriet er in Konflikt zu seinem Halbbruder, Kaiser Barbarossa, der Konrads hochfliegende Pläne scheitern ließ. Die Kontroversen zwischen dem ehrgeizigen Pfalzgrafen und dem Kaiser schildert Scherer in seinem Vortrag ausführlich, ebenso die lang anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen mit dem Bund der oberitalienischen Städte bis zum von Konrad mitgestalteten Friedensschluss in Konstanz von 1183. Die enge Verbindung des Pfalzgrafen zu Barbarossas Nachfolger Kaiser Heinrichs VI., den Krieg und die Aussöhnung mit den Welfen, Konrads letzten großen Erfolg, lässt Scherer ebenfalls lebendig werden. Pfalzgraf Konrad, der als Gründer der Stadt Heidelberg gilt und der eigentliche Fundator des späteren Territorialstaates Kurpfalz war, starb mit knapp 60 Jahren 1195. Er fand seine letzte Ruhestätte im pfalzgräflichen Hauskloster Schönau. In folgenden Vorträgen würdigt Scherer am 9. November die „prophetissima teutonica“ von Rupertsberg, Hildegard von Bingen (zirka 1098-1179), am 14. Dezember den kurpfälzischen Theologen und Diplomaten Johannes Rulitius (1602-1666), am 11. Januar den Leibarzt des Zaren Johann Peter Frank (1745-1821). Die „Pfälzische Auswanderung vom 17. bis ins 20. Jahrhundert“ beleuchtet er am 22. Februar, die Schicksalsjahre der Pfalz im Ersten Weltkriegs rückt er am 22. März in den Fokus.

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