Neustadt Bunt, fröhlich, offen

Afghanische Spezialitäten, frisch zubereitet von den Familien Samani, Amani und Hamidi.
Afghanische Spezialitäten, frisch zubereitet von den Familien Samani, Amani und Hamidi.

Auch in seinem 26. Jahr stand das „Fest der Kulturen“ unter einem guten Stern – oder besser gesagt unter einer guten Sonne. Bei strahlendem Sonnenschein feierten zahlreiche Besucher ein buntes Multikulti-Fest mit Musik und internationalen kulinarischen Spezialitäten. Einige Initiativen waren zum ersten Mal mit einem Infostand vertreten.

„Hambach, Hambach!“ haben die Veranstalter als Motto ausgegeben und damit Bezug auf die jüngsten Diskussionen um das Hambacher Schloss genommen. „Wir wollen uns gegen die Infiltration durch Populisten und die AfD wehren, die das Hambacher Fest für ihre Zwecke instrumentalisieren“, sagt Wolfgang Helfferich vom Verein „Neustadt gegen Fremdenhass“. „Der Patriotismus des Hambacher Festes hat nichts mit dem Nationalismus der AfD zu tun.“ Lesenswert auch die Gedanken von Klaus Bried, 89-jähriger Mitinitiator des Vereins. In seinem auf pfälzisch verfassten Text erinnerte er angesichts der rechten Parolen an den beschwerlichen Weg Deutschlands zur Demokratie und die Flüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg: „Un deswege muss ich ach sowas schreiwe, weil ich in dere Art soebbes domols schun ghöhrt hab. Es ekelt mich.“ „In Neustadt haben wir ein sehr starkes Netzwerk von Menschen und Vereinen, die für eine multikulturelle Gesellschaft einstehen“, freut sich Helfferich und berichtet, dass sich jedes Jahr spontan 200 Helferinnen und Helfer fänden, um das Fest auf die Beine zu stellen. „Dabei hat unser Verein nur 40 Mitglieder.“ Neben alten Bekannten wie dem Verein für Bildung und Integration, dem Arbeitskreis Asyl oder dem Weltladen konnten die Besucher dieses Jahr auch viele neue Initiativen kennenlernen. Die Stiftung „Zur Freude Fatimas“ der Neustadter Familie Shendi ist erst 2018 gegründet worden und möchte sich den Neustadtern vorstellen. „Die Erlöse unserer Aktivitäten gehen an den Lichtblick“, erklärt Acram Shendi. Zum ersten Mal dabei ist auch eine Gruppe, die in Neustadt den bundesweiten „Tag der offenen Gesellschaft“ organisiert. Manfred Nickel verteilt dazu eine „Gebrauchsanweisung “ und sagt: „Viele halten die Errungenschaften der Demokratie für selbstverständlich – sind sie aber nicht.“ Premiere hatte auch der prominente Infobus von Amnesty International, der auf dem Juliusplatz über aktuelle Fälle informierte. Gab es auch kritische Stimmen? „Ich freue mich über jeden kritischen Besucher, der mit mir diskutieren will“, sagt Amra Rapp-Ibrasimovich vom Frauenhaus Neustadt. „Nur im Gespräch können wir doch eingefahrene Denkmuster durchbrechen.“ An ihrem Stand hat sie den Weg der Frauenrechte vom Hambacher Fest bis zur Istanbul-Konvention 2017 nachgezeichnet. Auch die Standbesatzung vom „Bündnis gegen Rechts“ ist auf Diskussionen vorbereitet. „Es ist ja gerade Weinfest, da kommt vielleicht mal jemand vorbei, der eine ganz andere politische Meinung vertritt. Aber wir haben die besseren Argument“, ist Rüdiger Stein zuversichtlich und betont, dass es ihm in der Diskussion auch um die Relationen ginge: „Wer lauter schreit, hat nicht unbedingt Recht.“ Die Mehrzahl der Besucher indes will gar nicht diskutieren, sondern genießt die lockere Stimmung auf dem Marktplatz. Dichtes Gedränge herrscht an den Essensständen, an denen es vietnamesische Samosas, alevitische Gözlem, senegalesisches Thiou und afghanische Bolani zu kaufen gibt. Eine junge Familie aus Frankenthal hat sich schon „durchgefuttert“. Sie habe von dem Fest im Internet gelesen und fände es sehr gelungen, berichtet die junge Mutter, der es besonders der Sound der New Brass Big Band von Mosch Himmler angetan hat. Ein paar Tische weiter sitzen Besucher aus Südhessen, bereits ins Gespräch mit ihren Tischnachbarn vertieft. „Es spricht für Neustadt, dass so etwas möglich ist“, sagen sie. Auf der Bühne kündigt derweil Pfarrer Stefan Werdelis als Moderator die nächste Band „Strom und Wasser“ an und verspricht, „dass sie in uns ein Feuer entfacht, aufzustehen“.

Sorgt für Stimmung: die Band „Rose Babylone“ aus Frankreich.
Sorgt für Stimmung: die Band »Rose Babylone« aus Frankreich.
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