Neustadt „Bei Anstrengung ausatmen“

Deidesheim. Von wegen, Frauen tratschen ständig. Auch Männer tun es. Denn beim Aufwärmprogramm der Jedermänner der TSG Deidesheim wird eifrig geplaudert. In der Männergruppe, in der man anfangs, das ist vor 50 Jahren, noch an Reck, Barren, Sprung und Boden geturnt hat, steht heute vor allem die Fitness im Vordergrund. Und Geselligkeit.

Die 40 bis 45 Männer, die zwischen 40 und 79 Jahre alt sind, laufen im Kreis und machen die Übungen nach, die ihnen ihr „Turnvatter“, gemeint ist Übungsleiter Winfried Vatter, vorgibt. „So, ihr Männer, die Arme nach oben strecken“, ordnet er an. Dann heißen die Kommandos Kreuzschritt, hüpfen, rückwärts laufen, auf Zehenspitzen laufen, anfersen und Seitgalopp. „Wir sind eine lustige Gemeinschaft – jeder kann hier nach seinen Möglichkeiten Sport treiben“, erzählt der 65-jährige Inno Roos, der von Anfang an zu den Jedermännern gehört. Inzwischen tippeln alle auf der Stelle, nach vorne, nach hinten, nach links und nach rechts. Mittendrin ist der TSG-Vorsitzende Holger Leonhard, der in seiner Funktion noch um eine andere Stärke der Gruppe weiß: „Die Jedermänner helfen viel, sind zuverlässig. Und wenn Not am Mann ist, sind sie da.“ Das Bergturnfest werde von ihnen federführend organisiert. Zur Kerwe bauen sie den TSG-Stand auf, heute bauen sie ihn ab. „Die Senioren der Gruppe gehen außerdem jeden Donnerstag wandern“, verrät Heinz Groß, Turn-Abteilungsleiter. Ab und an, wenn der Turnvatter verhindert ist, springt Holger Leonhard als Übungsleiter ein. „Es ist gut, dass Winfried Vatter sich auf dem Laufenden hält und uns altersgerechte Übungen anbietet – wenn ich die Stunde mache, halte ich mich daran“, sagt der Vorsitzende. „Aber sie sagen dann alle, dass sie froh sind, wenn der Turnvatter das bald wieder übernimmt.“ Es sei ihnen zu anstrengend. Inzwischen arbeiten die Jedermänner mit einem Theraband, stehen beidbeinig auf dem Latexband und schwingen mit den Armen vor und zurück. Dann ist nur der linke Fuß auf dem Band, die rechte Hand hält erst die Bandenden und zieht sie dann nach rechts oben. „Bei Anstrengung ausatmen“, empfiehlt der Übungsleiter. Als alle gegrätscht am Boden sitzen, den Oberkörper vorbeugen und mit den Händen die Fußinnenseiten berühren sollen, ertönt da und dort ein angestrengtes „Oooh“. In Seitenlage wird das obere Bein mehrfach angehoben und abgesenkt, aber nicht abgelegt. Der Übungsleiter empfiehlt: „Wenn’s weh tut, mit dem Knie vor- und zurücktippen.“ Meist muss Winfried Vatter die Übungen nicht groß ankündigen, die Jedermänner wissen, was als nächstes kommt. „Die Übungen sind automatisiert“, erzählt Manfred Schäfer. „Die Leute wollen das so, wollen ihren gewohnten Rhythmus.“ Und zum gewohnten Rhythmus gehört neben einem Volleyballspiel zum Ende der Stunde eben auch das Plaudern, was oft zu einem verspäteten Stundenbeginn führt. „Die Disziplin hat sich geändert“, stellt Walter Knon fest. Auch er ist ein Jedermann der ersten Stunde. „Die Turnstunde fängt um 20 Uhr an, jetzt ist es schon elf nach.“ Der frühere Übungsleiter Otto Kerbeck habe schon mal einen zu spät gekommenen Jedermann wieder nach Hause geschickt, erzählen die, die seit 50 Jahren dabei sind, schmunzelnd. „Komm’ nächstes Mal pünktlich, dann kannst Du mitmachen“, habe er seinerzeit gesagt.

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