Ludwigshafen Wortsucher aus dem Odenwald

Manchmal möchte man ihn am Kragen nehmen und schütteln, wenn Rolf Miller mal wieder ein Wort nicht einfällt. Da enden Sätze im nichts oder biegen unerwartet ab. „Alles andere ist primär“, heißt das aktuelle Programm, mit dem der Komiker aus dem Odenwald im Mannheimer Capitol auftrat.

Würde Rolf Millers Bühnenfigur diese Rezension schreiben, klänge das in seinem Odenwälderisch etwa so: „Der fangt halt an und dann ... Ding ..., weisch wie?“ Nein, natürlich weiß man nichts – aber das hat Methode. Und es war auch schon schlimmer. Als Miller vor einem Jahr in Mannheim war, hat das verbale Herumgestolpere auch genervt. Da hatte man zu oft das Gefühl, dass man als Zuhörer ins Leere läuft. Diesmal hat Miller die Gag-Dichte in seiner Show deutlich erhöht. Dabei hat er seinen Stil nicht grundsätzlich geändert, aber wesentlich verbessert. Und man hat auch das Gefühl, es gelingt ihm viel besser, die Spannung durchzuhalten. Mit dieser Figur ist das gar nicht so einfach. Der Bühnen-Miller kommt aus „einfachen Situationen“, wie er selber sagt. Als Jugendlicher hat er die 1980er Jahre erlebt und davon erzählt er gern. „Mir ha’m ja nix g’hat, aber des hat g’langt“, sagt er und meint die Zeit vor Internet und Smartphone. Er hat AC/DC gehört und mit anderen auf dem Pausenhof „Miami Vice“ nachgespielt. Für eine Mark gab es „vier Bolle Eis“ und es gab nur „Puma, Adidas und ferdich“. Mit seinen Freunden, den Brüdern Jürgen und Achim, war er „zusamme in de Parallelklass′“ und jeden Freitag hat er dem Klassenstreber auf die Nase gehauen – weil er das in den Bud Spencer-Filmen so gesehen hat. Seine Kumpels haben es auch nicht sonderlich weit gebracht: Achim „steht Tür“, und nachdem Jürgen seinen bisherigen Job geschmissen hat, ist dieser in ähnlicher Branche tätig und „steht Museum“. Dann gibt es da noch „de Apparat“, die Schwester von Jürgen und Achim. „Füß’ bis zum Hals, die Stiefel auch – eine Biowaffe!“, stellt Miller gendermäßig eher unkorrekt fest. Für die heutige Jugend hat er nur Verachtung, bei der unterschwellig auch ein bisschen Neid mitschwingt. „Ziesch’ denne die SIM-Card, sind se bewusstlos“, meint er zu diesen „glutenfreie Ingwer-G’sichter“. Millers Humor wird oft als „unfreiwillig komisch“ beschrieben. Das meint natürlich nur die Bühnenfigur. Denn tatsächlich ist das Gestammel genau geplant. „Es ist sehr schwierig, so etwas zu improvisieren, das hält man nur ein paar Minuten durch“, sagte Miller in einem früheren Interview mit der RHEINPFALZ. Er müsse sein Material für seine Figur „übersetzen“ erklärte er damals. In Mannheim überrascht er sich einmal selber mit einem Gag. Ein Bekannter sei Halb-Iraner. „Die Mutter is Deutsch, un’ de Vadder ... weiß ich net“, sagt er und da haut es ihn für einen Moment aus seiner Rolle. Sein Dollbohrer aus der Provinz hat aber auch ein paar bemerkenswerte Einsichten parat, zum Beispiel: „Warum werre mir abg’hört? – Weil’s geht.“ Das bringt sämtliche Geheimdienst-Diskussionen auf den Punkt. Miller wurde 1967 im Wallfahrtsort Walldürn geboren und ist dort aufgewachsen. Nach dem Abitur studierte er Jura in Mannheim, Literatur und Philosophie in Stuttgart und Verwaltungsrecht in Kehl, alles ohne Abschluss. Insbesondere das Verwaltungsrecht trieb ihn dem Kabarett in die Arme, sagt er. Inzwischen ist er regelmäßig in Comedysendungen des Fernsehens präsent und er hat einige Kabarettpreise eingeheimst.

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