Ludwigshafen Von Bonbons und Tabletten

Ein Stück mit Bonbons und Tabletten: Peer Damminger von der Kitz Theaterkumpanei zeigt, wie Theater auf dem Tisch funktioniert.
Ein Stück mit Bonbons und Tabletten: Peer Damminger von der Kitz Theaterkumpanei zeigt, wie Theater auf dem Tisch funktioniert. Dabei geht es um Ausgrenzung und Rassismus. Das kapieren die Kinder schnell.

Ein Theaterstück auf einem Tisch? Das funktioniert. Peer Damminger von der Kitz Theaterkumpanei hat das gestern mit dem Stück „Piccolo Suicidio“ vor Kindern der Niederfeld-Grundschule bewiesen. Das Stück dreht sich um soziale Ausgrenzung. Die Kinder hatten nicht nur Spaß, sie haben sich auch ihren Reim darauf gemacht.

Eine Brausetablette ist die Hauptfigur, in weiteren Rollen sind Bonbons in bunt glänzenden Einwickelpapieren zu sehen. Die Bühne ist ein Tisch. Das klingt unspektakulär – aber Peer Damminger lässt diese „Figuren“ eine Geschichte erzählen. Die Tablette erkundet fröhlich den Schreibtisch und ist bester Laune. Da kommt eine Handvoll bunter Bonbons vorbei. Damminger lässt sie miteinander spielen und lachen. Die Tablette, weit weniger hübsch anzusehen, will mitspielen. Doch ziemlich deutlich wollen die Bonbons unter sich bleiben, werden sogar recht grob in ihrer Zurückweisung. Ohne Worte, aber mit improvisierten Silben, ähnlich dem Scat im Jazz, vermittelt Damminger Stimmung und Verhalten der Protagonisten. Die Tablette ist schließlich so einsam und traurig, dass sie nicht weiter weiß. Sie steht schon auf dem Rand eines vollen Wasserglases. Wird sie springen? „Wer von Euch war schon in so einer Situation?“ fragt der Theatermann die Kinder. Und alle wissen, worum es geht. Sie erzählen, wie sie sich mit anderen Kindern zerstritten hatten, oder nicht mitspielen durften. Aber sie haben auch Lösungen für diese Konflikte gefunden. Das liegt auch am Schulkonzept, wie Rektorin Nicola Heinemann im Gespräch mit der RHEINPFALZ erklärt. „Ich – Du – Wir“ ist ein Motto der Niederfeld-Grundschule. Es wurde aus einer Befragung von Schülern vor einigen Jahren entwickelt. Die Kinder wünschten sich mehr Gemeinschaft miteinander. Die Schule habe es sich seither in besonderem Maß zur Aufgabe gemacht, soziale Kompetenzen der Kinder zu stärken und sie auch in die Entwicklung der Schule und ihres Leitbilds einzubinden. Theaterpädagogik sei ein Teil davon. Laut Damminger kommt die Kitz Theaterkumpanei sei dreieinhalb Jahren immer wieder mit Stücken zu den Kindern. Hierin liegen auch Chancen für die Theaterleute: „Schulkinder sind ein Querschnitt der Gesellschaft. Wir können auch Kinder erreichen, die nie ein Theater besuchen würden“, sagt er. Wie sich auch bei „Piccolo Suicidio“ zeigt, können sich die Kinder in Theaterfiguren hineinversetzen und eigene Erfahrungen und Gefühle dadurch erschließen. Theaterpädagogik an Schulen wird gefördert durch das Landesprojekt „Jedem Kind seine Kunst“, aus dessen Etat Schulen finanzielle Unterstützung bekommen können. In der Niederfeld-Grundschule gibt es zudem einen Förderverein, der die Besuche des Theaters fördere, so Heinemann. Das Stück nimmt ein gutes Ende: Es stellt sich heraus, dass unter den bunten Hüllen die Bonbons alle gleich aussehen: weiß, wie die Tablette. „Wir sind alle Menschen, wir haben alle einen Kopf, ein Herz und ein Hirn“, sagt ein Kind. Das Theaterstück habe er im italienischen Parma beim Teatro Due kennengelernt, berichtet Damminger. Das Stück werde seit vielen Jahren mündlich überliefert.

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