Ludwigshafen Verwegene Akkorde voller Blues

Kreative Spielfreude: die Band Accordion Affairs.
Kreative Spielfreude: die Band Accordion Affairs.

Neben dem internationalem Jazzfestival „Jazz am Rhein“, das seit über zehn Jahren auf der Parkinsel stattfindet, hat die Stadt Ludwigshafen ein weiteres Jazzfestival, „Jazz am Turm“ unter künstlerischer Federführung von Christian Scheuber ins Leben gerufen. Die Open-Air-Konzerte am Lutherturm werden nun zu einem kleinen Festival zusammengeführt. Vom Unwetter beeinträchtig war der erste Abend, nahm aber ein glückliches Ende.

Leidtragende des Unwetters waren die Mitglieder der Big Band Kicks ’n’ Sticks, die ihren Auftritt absagen mussten. Der Starkregen hat die Elektronik der Band in Mitleidenschaft gezogen und so konnte das Konzert nicht stattfinden. Schade umso mehr, da eigens ein Programm mit dem Solisten Ingolf Burkhardt vorbereitet wurde. Mit dem Trompeter der NDR Bigband hatte Kicks ’n’ Sticks zuvor geprobt und Aufnahmen für ihre Jubiläums-CD gemacht. Etliche namhafte Solisten waren für die Aufnahmen verpflichtet worden – darunter eben auch Burkhardt. Neben seiner Arbeit beim NDR hat dieser noch die Band Jazul, mit welcher er einen Mix aus Funk, Latin und Bebop spielt. Doch der Gast sollte nicht umsonst angereist sein: Im Quartett spielte Burkhardt im zweiten Teil des Abends. Ritchie Beirach war ein willkommener Einspringer am Piano und als Rhythmusgruppe fungierten zwei Mitglieder von Accordion Affairs, die zuvor schon musiziert hatten. Was als lockeres Jamming gedacht war, entwickelte sich dann zu einem spannenden Ereignis und dem besonderen Höhepunkt des Abends. Sehr dynamisch fegten das Quartett los, legten ebenso große Spielfreude wie Inspiration hinein. Ingolf Burkhardt musste selbst immer wieder begeistert schmunzeln über die blueserfüllten Variationskünste, die Beirach in sein Spiel legte. Verwegene Akkorde ließ dieser auf quirlige Läufe treffen, schier überschäumend vor Spielwitz. Gleichermaßen expressiv wie beredt spielte der Trompeter, dann wieder druckvoll und wendig in den temporeichen Nummern. Ganz große Kunst boten die beiden im Duospiel, in der Ballade „Alone Together“. Überaus inspiriert flochten der Trompeter und der Pianist ihre Balanceakte, griffen gegenseitig Eingebungen auf, warfen sich die Bälle traumwandlerisch zu. Aus der Ruhe heraus formte Burkhardt weitgeschwungene Bögen am Flügelhorn, nutzte mit seiner Yoga-Vollatmung das gesamte Volumen der Lunge, um seine großen Klangströme zu formen. Dann wieder wurde das Balladenspiel auch vital beschleunigt, bekam sehr viel Leben. Konstantin Wienstroer am Kontrabass bereicherte das Spiel ebenso klangvoll wie Peter Baumgärtner an den Drums. Später wurde letzterer abgelöst von Tobias Fronhöfer, der überaus dynamisch trommelte und die lustvoll wirbelnden Tanzrhythmen von Beirach noch weiter antrieb. Jörg Siebenhaar ist der Kopf von Accordion Affairs und der hat eine besondere Spielweise entwickelt. Mit der rechten Hand spielt er sein Akkordeon, mit der Linken zieht er sanft den Blasebalg und spielt gleichzeitig die Begleitung am Keyboard, das vor ihm steht. Ruhig und entspannt war die Musik des Trios. Sehnsüchtige Melodien ließ Siebenhaar gefühlvoll schweben oder tanzen, von beredten, knusprig sonoren Kontrapunkten des Bassisten begleitet. Schwermütig und dunkel ausdrucksvoll kam eine türkische Nummer und „Teo“, einen langsamen Walzer von Miles Davis brachte das Trio gleichfalls in Schwung mit variablem Tempo. Lebhafter wurde es in „Vas-y“, einer Eigenkomposition des Akkordeonisten, präzise im Zusammenspiel, wobei eins ins andere griff.

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