Ludwigshafen Neue Musik ist etwas Existenzielles

Ian Bostridge.
Ian Bostridge.

Zum fünften Mal gibt das Musikfest „Modern Times“ den Auftakt zur Saison der Staatsphilharmonie. Das Festival findet letztmals in der Ära des Chefdirigenten Karl-Heinz Steffens und des Intendanten Michael Kaufmann statt. Steffens dirigiert alle Konzerte an fünf verschiedenen Konzertstätten der Region. Zu den Solisten zählen Tenor Ian Bostridge, Trompeter Reinhold Friedrich und Cornelia Froboess als Sprecherin.

„Modern Times“ möchte ein breites, auch gattungsübergreifendes Panorama der musikalischen Moderne in ihren vielfältigen Facetten bieten, von den Anfängen zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts bis in die Gegenwart. „Wichtig sind dabei auch Entdeckungen des Repertoires“, sagt Kaufmann. Dazu gehören im ersten und zweiten Konzert die zweite Sinfonie des englischen Komponisten Ralph Vaughan Williams und seine Fantasie über ein Thema des Renaissance-Komponisten Thomas Tallis. Am dritten Abend steht dann eine weitere Seltenheit auf dem Programm, Erwin Schulhoffs „Hot Sonate“ für Altsaxophon und Klavier, die mit ihren unorthodoxen Tongesten und Jazzelementen das geistige Klima der „wilden zwanziger Jahre“ spiegelt. Ihr Schöpfer kam in einem nationalsozialistischen Internierungslager ums Leben. Dass die beiden ersten Programme mit Werken von Britten, Purcell und Vaughan Williams „very british“ geraten sind, hängt auch mit dem Brexit zusammen. Statt Trennung und Isolierung bevorzugt der Intendant Zusammenarbeit auf möglichst breiter Basis. Was er auch auf die Kooperationsprojekte der Staatsphilharmonie, speziell auch bei „Modern Times“. Im vierten Konzert soll die Aufführung von Luciano Berios Sinfonia für acht Singstimmen und Orchester unter Mitwirkung des Vokalensembles Schola Heidelberg zeigen, „was alles möglich ist, wenn man kooperiert und sich die Besten aus der Region zusammentun“, so Kaufmann. Steffens hält Berios Werk für eminent bedeutend. „Da hat man es mit einer ganz neuen sinfonischen Form zu tun, die Sprechen, Singen und Instrumentalmusik miteinander verschmilzt.“ Mit ebenso viel Nachdruck bricht Steffens eine Lanze für die Moderne im Allgemeinen. „Neue Musik ist etwas Existenzielles“, erklärt er. „Ich möchte, dass die Konzertbesucher dabei etwas gewinnen. Und zum Selbstverständnis eines öffentlich subventionierten Betriebs wie der Staatsphilharmonie gehört es, dass er sich dafür intensiv einsetzt.“ Im letzten Konzert wird das Orchesterstück „Dancing in the Dark“ des Österreichers HK Gruber eine Brücke schlagen zum Komponistenporträt der kommenden Saison. An diesem und am vorletzten Abend wird sich mit den Aufführungen von Bernd Alois Zimmermanns Cellokonzert und seines Trompetenkonzerts auch ein Kreis schließen. 1973 hat Zimmermanns Sinfonie das erste „Modern-Times“-Programm eröffnet. Die beiden Konzerte nehmen jetzt den Faden wieder auf. Den Schlusspunkt bei „Modern Times“ setzt Alexandr Skrjabins visionäres „Poème de l`Extase“. Dessen Titel dient auch als Motto für das gesamte Musikfest: Ekstase, gemeint als Ausbruch aus der prosaischen Realität und uneingeschränkte Freiheit der künstlerisch schöpferischen Fantasie. Termine und Solisten —15. September, 19.30 Uhr, Pfalzbau Ludwigshafen, mit Ray Chen (Violine). —24. September, 19.30 Uhr, Friedenskirche Ludwigshafen, mit Ian Bostridge (Tenor). —23. September, 19.30 Uhr, Capitol Mannheim, mit Daniel Gauthier (Saxophon), Cornelia Froboess (Sprecherin). —29. September, 19.30 Uhr, Stadthalle Heidelberg, mit Reinhold Friedrich (Trompete), Janice Dixon (Gesang). —1. Oktober, 19.30 Uhr, Rosengarten Mannheim, mit Gustav Rivinius (Cello).

Reinhold Friedrich.
Reinhold Friedrich.
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