Ludwigshafen Der Mann für die Zukunft
«Mutterstadt.» Das hat es schon lange nicht mehr gegeben. Die Gewichtheber des AC 1892 Mutterstadt haben nach dem 814,6:626,8-Erfolg über den AC Germania Sankt Ilgen die Tabellenführung in der Bundesliga übernommen. Nach 28 Jahren dürfen die Mutterstadter wieder vom Einzug in ein Finale um die deutsche Mannschaftsmeisterschaft träumen. Beispielhaft für die positive Entwicklung des wieder erstarkten zwölffachen Meisters steht der 21 Jahre alte Michael Varlamov. Vor drei Jahren kam Varlamov vom Zweitligisten AC Potsdam. Er feierte sein Bundesligadebüt im Duell beim AV 03 Speyer. 290 Kilogramm stemmte er damals. Am Samstagabend ließ der junge Mann 145 Kilogramm im Reißen und 184 Kilogramm im Stoßen auflegen. Für ihn kein Problem. Die schaffte „Micha“, so nennen ihn seine Freunde, locker. Drei Wochen zuvor bei den U-23-Europameisterschaften in Polen bewies der in Russland geborene und 2014 eingebürgerte Varlamov in einem starken Teilnehmerfeld als Neunter noch mehr Stehvermögen. Bei neuen persönlichen Bestleistungen (148/188) sprangen im Zweikampf am Ende sehr gute 336 Kilogramm heraus. Varlamov: „Ich will noch besser werden. Gerade im Reißen habe ich in puncto Technik und Schnellkraft noch Nachholbedarf. Auch der Kopf muss mitspielen. Irgendwann will ich einmal wie die Großen 200 Kilogramm stoßen.“ In Mutterstadt ist man mit seiner Entwicklung sehr zufrieden. „Jahr für Jahr hat sich Micha verbessert. Mittlerweile ist er eine feste Stütze in unserer Mannschaft. Andere Vereine beneiden uns um einen Heber seiner Stärke. Ihm gehört die Zukunft“, sagt ACM-Trainer Dennis Eichner. Der Coach hatte ein Riecher für das Leistungspotenzial des am Bundesstützpunkt Frankfurt/Oder unter Trainer Detlef Blasche ausgebildeten Athleten. Varlamov besuchte als Schüler genauso wie die Mutterstadter Jason Heid und Victor Gainza das Sportinternat. So entstanden die persönlichen Kontakte, die den Weg in die Pfalz mit ebneten. Nach seinem Abitur begann er ein Lehramtsstudium (Sport, Biologie) in Berlin. In der Woche pendelt der Perspektiv-Kaderathlet zwischen der Hauptstadt und seinem Wohnsitz und Trainingsort Frankfurt/Oder. Auf die Wettkämpfe mit „seinen Freunden“ vom ACM freut sich der zurückhaltende Varlamov jedes Mal: „Die familiäre Wettkampfatmosphäre hier mit den Fans und Hallensprecher Stefan Mohr sind in Deutschland einmalig. Verein und Trainer Dennis Eichner setzen auf junge Athleten. Das gefällt mir sehr. Hier wächst etwas zusammen.“ Zwei große Ereignisse stehen Varlamov in diesem Jahr noch bevor. Das ist seine Premiere bei den deutschen Meisterschaften der Aktiven am zweiten Dezember-Wochenende in Roding. Der noch zu den Junioren zählende Heber will bei den nationalen Meisterschaften den nächsten Schritt bei den Senioren gehen. Eine Woche später folgt der Heimauftritt in der Bundesliga gegen den deutschen Meister AV 03 Speyer. Es geht um den Einzug ins Finale. Die Eisen in der ausverkauften AC-Halle werden am 15. Dezember richtig glühen. Varlamov wird gut vorbereitet sein.