Ludwigshafen Aus Pop wird Jazz

Wenn aus der Popmusik von damals die Jazzstandards von heute werden, kann man als Jazzer auch heute noch Pop und Jazz mischen – vor allem, wenn man das so elegant wie Curtis Stigers macht. Der US-amerikanische Sänger und Saxophonist hat seine Tour durch Deutschland und Italien in Mannheims Alter Feuerwache gestartet, im Gepäck sein Album „Hooray for Love“.

Mit Randy Newmans „I’ll be home“ ging es los, später folgten Songs von Carole King, Steve Earl und John Lennon. Dazwischen waren neue Stücke von Stigers und einige alte Jazzstandards zu hören. Das Konzert wirkte trotzdem wie aus einem Guss. Stigers und seine Band geben allen Songs ihren eigenen Sound und machen daraus ihre eigene Interpretationen. Ein guter Song ist ein guter Song – und da ist es eigentlich egal, wo er herkommt. Stigers hat als Schüler Klarinette gespielt und stieg später auf Saxophon um. In Mannheim erzählte er, wie er in seiner Heimatstadt Boise in Idaho auf Jamsessions ging. Geleitet wurden diese von dem Pianisten Gene Harris, der in den 1960er Jahren ein Star des Soul-Jazz war und sich in Boise zur Ruhe setzte. „Du bist gut, Junge, üb’ weiter!“ habe Harris ihm jeden Dienstag bei den Sessions gesagt. Und der Junge hat sich offenbar daran gehalten. Wenn Stigers zum Saxophon greift, hört man, dass er immer noch dem Soul-Jazz verbunden ist. Ein guter Groove, eine Geschichte, die aus melodischen Linien entsteht, das steht im Vordergrund. Verkopfte Jazzspezialitäten kommen da nur am Rande vor. Woraus Stigers seine Ideen schöpft, deuten seine Scat-Solos an. Da improvisiert er ebenso rasante wie flüssige Melodien mit seiner Stimme. Dem Pop-Publikum hat sich Stigers mit „I wonder why“ ins Gehör geschmeichelt, einer kraftvollen Ballade, die seine leicht angeraute Stimme gut zur Geltung bringt. 1991 war das Stück auf Stigers erstem Soloalbum. In Mannheim folgte es auf eine jazzige Jam-Nummer mit ausgedehnten Improvisationen aller Musiker. Rockig wurde es beim Titelsong der Fernsehserie „Sons of Anarchy“, für den Stigers den Text geschrieben hat. „In der Serie geht es um Knarren schwingende, gewalttätige Motorradrocker – genau meine Art von Leuten“, witzelte Stigers, der wie immer einen noblen Anzug trug. Während sein voriges Album ziemlich depressiv geworden sei, habe er nun eine Sammlung von Liebesliedern bringen wollen. Aber die sind auch nicht immer fröhlich. Hintergrund ist wohl, dass Stigers Ehe nach 22 Jahren in die Brüche ging. Das erwähnt er in seinen launigen Plaudereien nicht, aber es klingt in Musik und Texten an. Das unterscheidet Stigers auch von oberflächlichem Easy Listening, in das er manchmal zu unrecht einsortiert wird. Auch wenn seine Musik immer eingängig ist und einem breiten Publikum gefällt, steckt doch einiges dahinter. Ob eigene Songs, Jazzstandards oder Adaptionen von Singer/Songwriter-Stücken: Stigers und seine Band geben der Musik ihren eigenen Stil, der als Hintergrundmusik eigentlich zu schade ist.

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